sprechen würde. Wenn also die Forderung einer Naturalent¬
schädigung als begründet anerkannt werden soll, so muß und
kann die Naturalentschädigung auf einem anderen Wege ge¬
sucht werden als dem einer Fremdherrschaft, die auch bei den
menschlichsten Absichten der Regierungen immer gehässig
bleibt.
Die deutsche Delegation ist bereit, alsbald mit den alliierten
und assoziierten Regierungen in Verhandlungen darüber ein¬
zutreten, wie der Ausfall in der Kohlenförderung der ehemals
von Deutschland besetzten Gebiete bis zur Herstellung der
zerstörten Gruben, zu der sie sich verpflichtet hat, ersetzt
werden kann. Dabei würde sie vorschlagen, an Stelle des rohen
und unangemessenen Ersatzes durch die Überweisung des Saar¬
kohlenbeckens und die Übereignung der dortigen Kohlengruben
einen billigeren Ausgleich zu suchen. An Stelle der ausfallenden
nordfranzösischen Kohlen würden deutsche Kohlen, und zwar
nicht nur Saarkohlen, sondern auch Ruhrkohlen zu liefern sein.
Abgesehen davon, daß es verkehrspolitisch unzweckmäßig wäre,
gerade die Saarkohlen, die bisher ein ganz anderes natürliches
Absatzgebiet hatten, ausschließlich für jene Ersatzzwecke zu
benutzen, erscheint die Heranziehung des Ruhrgebiets auch
deshalb unentbehrlich, weil die geschädigten Bezirke auf die
Erzeugnisse des Ruhrgebiets mehr als auf die des Saargebiets
angewiesen sind.
Die deutsche Delegation ist überzeugt, daß sich über eine
solche Kohlenlieferung unschwer ein Abkommen treffen ließe,
das allen berechtigten Forderungen Frankreichs Genüge täte.
Voraussetzung wäre nur, daß die Sachverständigen beider Par¬
teien sich unmittelbar miteinander in Beziehung setzten und die
Bedingungen der Lieferung auf geschäftlicher Basis in münd¬
lichen Verhandlungen ausarbeiteten
Genehmigen Sie, Herr Präsident, den Ausdruck meiner aus¬
gezeichneten Hochachtung.
gez. Brockdorff-Rantzau.
An Seine Exzellenz
den Präsidenten der Friedenskonferenz usw,
Herrn Clemenceau.
Nr. 2.
Deutsche Note vom 16. Mai 1919 über das Saargebiet nebst
Anlage.
Deutsche Friedensdelegation. Versailles, den 16. Mai 1919
Herr Präsident!
In meiner Note vom 13. d. M. über die territorialen Bestim¬
mungen des Friedensentwurfs, betreffend den Westen Deutsch¬
lands, habe ich im Namen der deutschen Friedensdelegation
darauf hingewiesen, daß die Garantien, die insbesondere für
die Wiedergutmachung der den nordfranzösischen Kohlenberg¬
werken zugelügten Schäden gefordert werden, am zweck¬
mäßigsten durch wirtschaftliche Vereinbarungen geboten wür¬
den, die zwischen den beiderseitigen Sachverständigen münd¬
lich zu erörtern wären. Es erscheint der deutschen Friedens-
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