ehe und schöpferische Gewalt des Lebens. Das ist die Lebensphilosophie von Friedrieh Nietzsche und Wil¬ helm Dilthey, von Henri Bergson und Georg Simmel, von Ernst Troeltsch. auch von Oswald Spengler und dem Grafen Hermann Keyserling u. a. Sie unter¬ nimmt den entschlossensten und kräftigsten Sprung mitten hinein in die Wirklichkeit. Mit welcher Ein¬ dringlichkeit schildert Nietzsche die unendliche Kraft des Lebens. In dieser Hinsicht steht ihm Dilthey nicht nach. Nur ist sein Ton weniger erregt, weniger leidenschaftlich, aber gerade wegen seines mehr wis¬ senschaftlichen Charakters mindestens ebenso über¬ zeugend wie die glühenden Ausbrüche Nietzsches. Nach dieser Auffassung stammen sämtliche Er¬ scheinungen der Kultur aus der schöpferischen Unend¬ lichkeit des Lebens. Mithin auch die Philosophie. Deshalb verfällt eine Philosophie, die diese Abhängig¬ keiten nicht wahrhaben oder unterbinden will, dem schärfsten Tadel. Sie wird als leerer Formalismus, als ein hölzernes Gebilde, als die taube Frucht eines weitabgewendeten und lebensfremden akademischen Geistes verurteilt und abgelehnt. Im Gegensatz dazu wird diejenige Philosophie mit allem Lobe und mit der Anerkennung bedacht, wirklich Philosophie, d. h. eine umfassende und vorurteilslose Erkenntnis der Wirklichkeit zu sein, die sich bei jedem Schritte ihrer Herkunft aus dem Leben bewußt bleibt und jede Er¬ kenntnis an dem Leben prüft. Wie sie ihre Quelle in dieser Kraft des Lebens besitzt, so besteht auch ihr Hauptanliegen darin, das Leben in die Schau, in die Sicht zu bekommen und seine verschiedenen Schich- 167