lehre und Brücke zur Metaphysik, zur Zusamraenschau der Ergeb¬
nisse unserer Erkenntnisbemühungen und zu ihrer Ergänzung zu
einer Einheit, ja zur Sinngebung unserer Erkenntnis selbst in einer,
sei es auch hypothetischen oder spekulativen Wesens- und Sinn¬
deutung der Gesamtwirklidikeit; denn nicht durch die Einbeziehung
nur erschlossener und vermutbarer Annahmen, sondern nur durch
die Verschweigung ihres Sicherheitsgrades wäre der wissenschaft¬
liche, d. h. wahrheitssuchende Charakter der Metaphysik, in der
eine Vollphilosophie erst gipfelt, gefährdet.
Der Gegenstand der Biologie, das Lehen, steht in einer eigen¬
artigen Zwischenstellung zwischen dem Gegenstand der Physik, dem
Reich der unbelebt erscheinenden Natur, und dem Gegenstand der
Psychologie, dem Seelenleben. Vielleicht ist gerade darum das Le¬
bensproblem eine der ältesten und brennendsten philosophischen
Fragen.
Die Fundamental frage der Philosophie des Organischen geht nun
dahin, ob der Bereich der Gesamtwirklichkeit, den wir das Reich
des Lebens nennen, nur ein Sonderfall einer alles Räumliche um¬
fassenden Naturgesetzlichkeit ist, so daß grundsä^lich erkenntnis¬
theoretisch dieselben Denkformen, ontologisch dieselben Seins- und
Geschehensbegriffe und Bezüge, metaphysisch dasselbe Wesen und
derselbe Sinn gelten für die anorganische und organische Natur,
so daß also die letztere nur ungleich verwickelter in der Anordnung
und darum schwerer in der Behandelbarkeit und Berechenbarkeit
ist, grundsätzlich aber nichts wesentlich Neues, oder ob das Leben
gegenüber der leblosen Materie etwas grundsätzlich Neues, wesent¬
lich anderes ist (was noch nicht heißen würde, daß es seinem ganzen
Wesen nach anders sein müßte), ob es daher erkenntnistheoretisch
eigene Denkformen, ontologisch eigene Seinsbegriflfe, metaphysisch
eigene Wesens- und Sinndeutung fordert und eine besondere Rolle
in der Gesamtwirklichkeit spielt.
Dies also ist die Fundamentalfrage und die ontologische Seite ist
der Kern. Durch ihre Beantwortung will die Biologie ihren Beitrag
zur Philosophie, letztlich zur Metaphysik leisten, wie sie umgekehrt
von der Philosophie her die erkenntnistheoretische Vorbereitung
und allgemein ontologische Klärung und die Berücksichtigung ihrer
Antworten in einem System der Gesamtwirklichkeit erwarten darf.
Bejahen wir die Frage, ob das Lebensgeschehen grundsätzlich nur
ein Sonderfall des physikalisch-chemischen Geschehens ist, während
es tatsächlich wegen seiner Kompliziertheit freilich seine besondere
Methode fordert und praktisch vielfach unlösbare Probleme stellt,
und gehen wir gleich noch einen Schritt weiter und betrachten wir
das subjektive Leben, das Seelenleben, ebenfalls als notwendig und
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