Die Menschen hinter den Rechnungen
rigen Krieg, insbesondere in dem katastrophalen Jahr 1635, weitestgehend unter¬
gegangen sein. Eine Huldigungsliste für die Dörfer Kirkel und Limbach aus dein
Jahre 1731 nennt zum größten Teil bereits die Namen der Neusiedler aus der lan¬
gen Phase des Wiederaufbaus1499.
In den Kirkeler Kellereirechnungen werden keine Juden erwähnt, weder als ortsan¬
sässige Bankiers oder Gewerbetreibende noch als durchziehende Kaufleute. Auch
gibt es keinerlei Hinweise auf jüdische Einrichtungen vor Ort, während sich in
Territorialrechnungen aus anderen deutschen Regionen durchaus Reflexe jüdischen
Lebens niedergeschlagen haben1500.
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Die Kirkeler Rechnungen sind damit keinesfalls erschöpfend ausgewertet. Neben
zahlreichen Detailinformationen von lokal- und regionalgeschichtlichem Interesse
lassen sich ihnen durch weitergehende Auswertung noch interessante Aufschlüsse
zur landesherrlichen Finanzverwaltungspraxis und zum Wirtschaftsleben des spä¬
ten Mittelalters entnehmen. Die detaillierten Angaben ließen sich auch bei entspre¬
chender Aufbereitung des überlieferten Zahlenmaterials statistisch auswerten.
Nicht zuletzt bildet die vorgelegte Edition der Kellereirechnungen aus Kirkel eine
noch lange nicht ausgeschöpfte Fundgrube für die materielle Kultur und die All¬
tagsgeschichte des späten Mittelalters im südlichen Westdeutschland. So erweist
sich eine historische Quellcngattung, die zur Sicherung von Ressourcen und Macht
der Großen angelegt wurde, auch als sprudelnder Born zur Geschichte der kleinen
Leute.
1 FIussong, Kirkeler Familiennamen, S. 44-51; nachweislich hat die Familie Hock den
Dreißigjährigen Krieg überlebt; kann man im 1731 genannten Namen Brünesholz Nachfah¬
ren von Bru(n)swantz, Bruchswantz oder Bntheswantz aus den Kirkeler Kellerereichnungen
(Nr. 651 (1476/77), fol. 8r, 19rund 19v) und dem Zinsbuch (fol. 222r) erblicken?
1500 Schäfer, Die Amöneburger Kellereirechnungen, S. 29-30.
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