Gleiches gilt Kir die 1924 in einer Stammrolle zusammengefasste Abteilung „Menuiserie
& Fonderie“, also Schreinerei und Gießerei. Hier waren unter 186 Personen 97 gelernte
Facharbeiter.19’
Sicherlich sind die hier erfolgten Quantifizierungsansätze nicht einwandfrei zuver¬
lässig, da sie nur aut der Basis knapper Berufseintragungen erstellt wurden. Welche be¬
ruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten sich tatsächlich hinter den Begriffen verbargen,
ist nicht immer exakt nachzuweisen. Dennoch scheint klar zu sein, dass die Lehrberufe
im Hüttenwerk zwar vorhanden waren - die Gießerei, die Schreinerei und die Werk¬
stätten kamen ohne gelernte Arbeit nicht aus aber in den Hauptbetrieben eine mino-
ritäre Rolle einnahmen. Dies bestätigt sich an einzelnen Befunden aus Neunkirchen. In
der zweiten Jahreshälfte 1916 arbeiteten in der ersten Schicht des Stahlwerks insgesamt
310 Personen. Hierunter befanden sich lediglich 25 gelernte Arbeiter.193 194 195 Dies ist nicht
zwangsläufig durch die Kriegssituation zu erklären. Zwar wurden aufgrund der Arbeits-
kräffeknappheit zahlreiche ungelernte Kräfte in die Kriegsproduktion einbezogen - un¬
ter den 310 Arbeitskräften befanden sich immerhin auch 49 Frauen, die ausnahmslos
als Tagelöhnerinnen im Akkord beschäftigt waren -, aber naheliegend ist genauso, dass
gelernte Facharbeiter eher vom Kriegsdienst befreit blieben als ungelernte, mithin leicht
ersetzbare Kräfte. Außerdem konnten bereits eingezogene Facharbeiter bisweilen rekla¬
miert werden. Verschiebungen gegenüber der Friedensproduktion dürfte es eher inner¬
halb der ungelernten Belegschaft gegeben haben, gerade durch den verstärkten Einsatz
von Frauen und Jugendlichen. Auch die Neunkircher Fremdenbücher lassen in Ansätzen
Rückschlüsse zu. Unter den 2.090 registrierten Arbeitern, die hier einer Untersuchung
unterzogen wurden, waren ebenfalls nur 113 Personen mit formaler Berufsausbildung.19"’
Die Fremdenbücher sind in Bezug auf die Berufsbezeichnung allerdings eine weniger
zuverlässige Quelle, da sie der staatlichen Administration entstammen und die kommu¬
nalen Beamten weniger Fachkenntnis im Bereich der Arbeitswelt mitbrachten als die
Hüttenbeamten. Die Berufseintragungen waren daher oftmals unpräzise. Außerdem
handelt es sich größtenteils um Angehörige der zugereisten ländlichen Unterschichten,
die ohnehin einen Löwenanteil der Ungelernten ausmachten.
Analog zur weitgehenden Unterrepräsentation von Facharbeitern mit formaler Be¬
rufsausbildung kennzeichnete die Belegschaft einiger Betriebssegmente ein deutli¬
ches strukturelles Übergewicht ungelernter Arbeiter. Besonders stark vertreten war
193 Angaben nach: AnLux, ADU-U1-130/7. Die am häufigsten genannten Lehrberufe waren „mou¬
leurs“ (63), „modeleurs“ (4) und „menuisiers“ (3).
194 Lohnlisten Stahlwerk NE, 2. Jahreshälfte 1916. Zu den 25 Lehrberufen zählten unter anderem
Schmiede (8) und Maurer (10). Daneben wurden zwei Personen als Vorarbeiter bezeichnet, ohne den
genauen Beruf zu nennen. Von ihnen ist aber anzunehmen, dass sie ebenfalls qualifiziert waren.
195 Angaben nach: Neunkircher Fremdenbücher, Buchstabe A, 1861-1900; Neunkircher Fremdenbü¬
cher, Buchstabe A, 1901-190; Neunkircher Fremdenbücher, Buchstabe M, 1861-1900; Neunkircher
Fremdenbücher, Buchstabe M, 1901-1911.
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