sowie die latenten Lieferschwierigkeiten des saarländischen Bergbaus. Hinzu kamen die
allgemeinen Krisenerscheinungen der Zeit mit dem negativen Höhepunkt der Welt¬
wirtschaftskrise. Den massiven Schwierigkeiten versuchten die Saarhütten vor allem
durch Rationalisierungen und weitere technische Innovationen, aber auch durch inter¬
nationale Kooperation entgegen zu wirken. Trotz aller Probleme blieb die Eisen- und
Stahlindustrie ein wirtschaftlicher Führungssektor des Saarreviers.33
Erwähnenswert sind neben den beiden montanindustriellen Leitsektoren noch eini¬
ge Begleitindustrien, unter denen besonders die Glas- und Keramikindustrie von Bedeu¬
tungwaren. Die metallverarbeitenden Zweige sowie der Maschinenbau entwickelten sich
an der Saar mit Verzögerung. Zu einem großen Teil produzierten die Betriebe der letztge¬
nannten Industrien Hir den Bedarf der beiden Leitsektoren.34 Überhaupt entstanden im
Verlauf des Industrialisierungsprozesses gewaltige Synergieeftekte und Interdependenzen
zwischen den einzelnen Sektoren. Insbesondere die beiden Führungsbranchen und der
expandierende Eisenbahnbau griffen durch Vor- und Rückwärtskoppelungseffekte eng
ineinander. So lieferte der Saarbergbau die notwendigen Brennstoffe für Eisenindustrie
und Eisenbahn, während letztere den Gruben und Hütten einen regelmäßigen Absatz si¬
cherte. Die Hüttenbetriebe wiederum belieferten die Eisenbahn mit Schienen und sons¬
tigen Produkten.3^ Das Neunkircher Hüttenwerk entwickelte sich im 19. Jahrhundert
zeitweise zu einem der führenden Schienenproduzenten im deutschen Zollgebiet.36 * Die
vielfältigen Interdependenzen zwischen den verschiedenen Sektoren trugen ganz wesent¬
lich dazu bei, das Saarrevier als relativ geschlossenes Wirtschaftsgebiet zu arrondieren.
Den Industrialisierungsprozess zeichneten freilich noch weitere Faktoren jenseits der
rein ökonomischen Ebene aus. So wuchs im Zusammenspiel mit der Industrie die regi¬
onale Verkehrsinfrastruktur in beachtlichem Maße. Vor allem das Eisenbahnnetz brei¬
tete sich im Windschatten der industriellen Entwicklung aus. Am 1. Juli 1848 eröftnete
die erste Bahnlinie im Saarraum zwischen Kaiserslautern und Homburg, ein Jahr später
nahm die Strecke Homburg-Bexbach den Betrieb auf. Zwischen 1850 und 1852 entstan¬
den Verbindungen zwischen Neunkirchen und Heinitz, Neunkirchen und Reden sowie
Neunkirchen und Forbach. Letztgenannte Strecke führte über Saarbrücken.3 Nun ver¬
33 Zur Entwicklung der Saarhütten während des Ersten Weltkriegs und der Völkerbundszeit und vor
allem zu den verschiedenen Strukturproblemen vgl. Märzen, Walter: Die saarländische Eisen- und
Stahlindustrie 1430-1993, Saarbrücken 1994, S. 40-49.
34 Zu den Begleitindustrien vgl. Banken 2002, S. 87-93.
35 Vgl. Banken, Ralf: Die Industriezweige der Saarregion im 19. Jahrhundert. Wirtschaftliche Interde¬
pendenzen verschiedener Branchen während der Industrialisierung, in: Leboutte, René/LEHNERS,
Jean-Paul (FIrsg.): Passé et Avenir des Bassins Industriels en Europe (Cahiers d’histoire, Bd. 1), Luxem¬
bourg 1995, S. 39-60.
36 Vgl. Frühauf 1980, S. 44 f.
3 Eine chronologische Übersicht über die Eröffnungen der frühen saarländischen Eisenbahnstrecken
findet sich bei Hoppstädter, Kurt: Die Entstehung der saarländischen Eisenbahnen (Veröffentli¬
chungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, Bd. 2), Saarbrücken 1961, S. 170.
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