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Kap. IX. § 204.
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ausführenden Tat so schlechthin überlegen wie das Über¬
endliche dem Endlichen, das Uberbedingte dem Bedingten.
Nicht die ausführende Tat, sondern der im Rate eben zur
Tat bestimmende Logos ist das Erste, das wahre Principium;
er spricht das letzte, das unbedingte Ja und Nein und ent¬
scheidet damit über Sein und Nichtsein, Leben und Tod des
Ganzen.
Das aber ist schon nicht mehr Praxis, sondern Poiesis.
Es ist die UrSetzung, die allein schöpferische Grundsetzung,
die freilich durch die Tat erst in der Mittelbarkeit des beding¬
ten und nur bedingt bedingenden, immer beginnenden und
endenden, an- und absetzenden Da- und Dann-Seins eintritt,
in sich selbst aber uranfänglich, nie beginnend noch endend,
alles Beginnen und alles Enden erst setzend, darüber bleibt.
Das erstreckt sich hoch hinauf ins Künstlerische, Religiöse,
aber es reicht nicht minder herab bis zum Tiefsten; es durch¬
dringt alle Berufsarbeit, alle im Stofflichen wirkende Technik,
bis zum letzten, sinnlichsten Untergrund auch des physisch¬
organischen Lebens. Vor der schöpferischen Idee ist nichts
gemein, auch nicht das Sinnlichste des Sinnlichen. Ist die
Idee das letzte Unmittelbare, wo sollte sie kräftiger, inner¬
licher, eben unmittelbarer lebendig sein als im Unmittelbaren
der Arbeit ? Arbeit ist Mühsal und Qual, aber sie ist Schö¬
pfung; ihre Qual und Mühsal ist nur der Einsatz des Todes,
aus dem das Leben sich erzeugt durch die zeugende Kraft der
Idee. Dadurch erlangt die Arbeit, auch die niederste, ihre
unverletzliche Würde zurück, die ihr geraubt war. Sie trägt
unmittelbar in sich die Idee, und so würden die zwei, Geist
und Arbeit, Arbeit und Geist, nicht bloß geschwisterlich
treu Hand in Hand gehen, sondern, wie in heißester ehelicher
Liebe Mann und Weib, Weib und Mann im Liebesakt sich
ineinanderschlingen, ganz eins werden und zeugen, was der
bloße Ehewalter Staat nicht zeugen, nur hinterher legiti¬
mieren und dann etwa unter seinen Schutz nehmen kann,