XVI.
Hegel
(1770—1831).
Die moralische Weltanschauung1.
S. 389—398 14 [Die postulierte Harmonie von Pflicht und
Wirklichkeit.] Das Selbstbewußtsein weiß diePflicht
als das absolute Wesen; es ist nur durch sie gebunden,
und diese Substanz ist sein eignes reines Bewußtsein; die
Pflicht kann nicht die Form eines Fremden für es er¬
halten. So aber in sich selbst beschlossen ist das mora¬
lische Selbstbewußtsein noch nicht als Bewußtsein ge¬
setzt und betrachtet. Der Gegenstand ist unmittelbares
Wissen, und so rein von dem Selbst durchdrungen ist er
nicht Gegenstand. Aber wesentlich die Vermittlung und
Negativität, hat es in seinem Begriffe die Beziehung auf
ein Anderssein und ist Bewußtsein. Dies Anderssein
ist einerseits, weil die Pflicht seinen einzigen wesentlichen
Zweck und Gegenstand ausmacht, für es eine völlig be¬
deutungslose Wirklichkeit. Weil dies Bewußtsein aber so
vollkommen in sich beschlossen ist, so verhält es sich
gegen dies Anderssein vollkommen frei und gleichgültig,
und das Dasein ist daher anderseits ein vom Selbstbe¬
wußtsein völlig freigelassenes, sich ebenso nur auf sich
beziehendes Dasein; je freier das Selbstbewußtsein wird,
desto freier auch der negative Gegenstand seines Bewußt¬
seins. Er ist hierdurch eine zur eignen Individualität in
sich vollendete Welt, ein selbständiges Ganzes eigentüm¬
licher Gesetze, sowie ein selbständiger Gang und freie
Verwirklichung derselben, — eine Natur überhaupt,
deren Gesetze wie ihr Tun ihr selbst angehören, als einem
Wesen, das unbekümmert um das moralische Selbst¬
bewußtsein ist, wie dieses um sie.
Von dieser Bestimmung an bildet sich eine mora-
1 Abdruck aus „Phänomenologie des Geistes", S. 389—398,
herausgegeben von Georg Lasson. Verlag Felix Meiner, Leipzig.
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