Zur Lehre vom Gemüt.
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Bewußtsein als gegenständliches, als „Geist“, erfahren hat,
bedingend hinzu. Was für ein „Gemüt“ das einzelne Bewußt¬
sein besitzt, hängt also unzweifelhaft zu einem guten Teil von
seinem „Geiste“ ab, und insofern ein Bewußtsein in seinem
„Geiste“ sich ändern und entwickeln kann, also im besonderen
eine „Geistesbildung“ für dieses Einzelwesen möglich ist, so
steht damit auch fest, daß eine Veränderung des Bewußtseins
in Ansehung seines Gemüts und im besonderen auch eine
„Gemütsbildung“ möglich ist.
Für den einzelnen Gemütszustand kommt aber als eine
besondere im Bewußtsein gelegene Bedingung nicht bloß die
besondere Geistesentwicklung in Betracht, sondern auch die
besondere Entwicklung, die das Gemüt des Individuums bis
dahin erfahren hat. Es ist darum von nicht zu unter¬
schätzender Bedeutung für das Gemütsleben des Einzelnen,
welche besonderen „Gefühle“ und Stimmungen ihn bisher er¬
füllten, mit welchem besonderen Gegenständlichen die Gefühle
der Lust und der Unlust zusammen auftraten. So schaffen
auch die einzelnen Gemütszustände, die ja das „Geistige“ in
sich schließen, an der Gemütsentwicklung des Bewußtseins,
die ihrerseits wiederum eine besondere Bedingung kommender
Gemütszustände bildet.
Aber mit der besonderen Geistesentwicklung und dazu
der besonderen Gemütsentwicklung sind nicht schon alle be¬
sonderen Bedingungen für das Gemütsleben, das in „Ge¬
fühlen“ und Stimmungen sich darstellt, aufgezählt, wenn auch
dessen seelische Bedingungen damit erschöpft sein werden.
Wir wissen, daß für jeden Bewußtseinsaugenblick, was seine
Besonderung betrifft, nicht nur das Bewußtsein selbst in
der Besonderung seines vorhergehenden Augenblickes, sondern
auch die Beschaffenheit des mit dem Bewußtsein in stetiger
Wirkenseinheit verknüpften Leibes bedingend ist. Auch für
den Gemütszustand ist der Leibeszustand darum von großer Be¬
deutung und vor allem für dasjenige Gegenständliche des¬
selben, das beim „Gefühl“ das „begleitende“, bei der
Stimmung das „maßgebende“ Gegenständliche ist: die
Körperempfindung (Organempfindung, Vitalempfindung).
Hiergegen wird nur Einsprache erheben, wer die Körper-
Behmke, Gemüt. 8