Zur Lehre vom G-emüt.
111
da es doch Seelisches zum Ausdruck bringen soll, nur eine
augenblickliche Beschaffenheit der Seele verstanden sein, und
wir nennen eben einen Zustand der Seele ihren „Gemüts¬
zustand^, insofern wir sie nach jenem Zusammen zuständlicher
und gegenständlicher Bestimmtheitsbesonderheit betrachten,
das wir entweder als „Gefühl“ oder als Stimmung im Seelen¬
leben antreffen. Auf die gegenständliche und zuständliche Be¬
stimmtheit des Bewußtseins zugleich haben wir also zu schauen,
wenn wir das, was unsere Sprache Gemüt nennt, klar machen
wollen, und das augenblickliche „Gemüt“ des Bewußtseins be¬
deutet nicht mehr und nicht weniger als eben den Zustand der
Seele in Ansehung ihres „Gefühls“ oder ihrer Stimmung.
Gehen wir aber dem Sprachgebrauch nach, so, findet
sich, daß das Wort „Gemüt“ nicht immer so viel sagen soll
wie „Gemütszustand“ d. i. wie die augenblickliche Be¬
schaffenheit eines Bewußtseins, insofern dessen „Gefühl“
oder dessen Stimmung in Betracht kommt. Zwar meint in
vielen Fällen das Wort „Gemüt“, wenn wir von der Verirrung,
„Gemüt“ für ein besonderes Veränderliches, also Einzelwesen in
der Seele zu halten, absehen, zweifellos die durch „Gefühl“
oder „Stimmung“ gekennzeichnete Beschaffenheit der Seele,
wie es z. B. auch in den Worten „Gemütsruhe“, „Gemüts¬
bewegung“ „Gemütserregung“ und „Gemütserschütterung“ klar
vorliegt. Denn es leidet keinen Zweifel, daß diese Worte die
verschiedenen Bewußtseinszustände kennzeichnen, besonders im
Blick auf die „Körperempfindung“, die sowohl im „Gefühl“
als auch in der Stimmung der Seele sich als Besonderes findet.
Das Wort „Gemüt“ aber hat in unserem Sprachgebrauch
immerhin nicht nur den Sinn, daß es alle durch „Gefühl“
oder Stimmung gekennzeichneten Bewußtseinszustände zu¬
sammenfassend ausdrückt, — es wird auch noch mit dem an¬
deren Sinn bedacht, daß es die in dem Menschen gelegene
besondere Bedingung für den Gemütszustand bedeutet.
Im letzten Sinne sprechen wir denn auch z. B. von Jemandes
heiteren oder trüben, stolzen oder verzagten Gemüt.
An diese in dem Menschen liegende besondere Bedingung
für die Möglichkeit bestimmter Gemütszustände („Gefühle“ und
Stimmungen) denkt der Pädagoge, wrnnn er von der Gemüts¬