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Zur Lehre vom Gemüt.
bewußt sind, aber dieselben nicht einzeln und in logischer Ab¬
folge zu produzieren vermögen“ — so klingt dies wieder so,
als ob unter Gefühl selber doch eigentlich nicht ein unklares
Denken verstanden werden solle, sondern vielmehr eine zu-
ständliche Bestimmtheitbesonderheit im Verein mit ihrer
„begleitenden“ Körperempfindung, die von einem bestimmten
Gedanken, der hier das „maßgebende“ Gegenständliche des
Bewußtseinsaugenblicks bildet, abhängig ist. Dabei tritt aller¬
dings wieder das Bedenkliche heraus, daß ebendasselbe Gefühl
mitsamt seiner „begleitenden“ Körperempfindung, das im Verein
mit dieser auch den Namen „Gewißheitsgeiühl“ bekommt,
das eine Mal mit einem „maßgebenden“ Gedanken, der, an der
Wirklichkeit gemessen, als ein „irriges Denken“ sich heraus¬
stellt, verknüpft ist, das andere Mal aber mit einem Gedanken
sich verbunden zeigt, der vor der Wirklichkeit als „richtiges
Denken“ sich erweist. Dieses „Gewißheitsgefühl“ ist also mit
nichten ein Wahrzeichen für die „Richtigkeit“ des „maßgeben¬
den“ Gedankens, weil ein solches „Gefühl“ eben sowohl die „un¬
richtigen“ Gedanken als auch die „richtigen“ Gedanken begleiten
kann, aber unseres Erachtens doch auch die „richtigen“ Ge¬
danken nicht einmal allezeit begleitet. An dieses Gewißheits¬
oder Überzeugungsgefühl also zu „appellieren“ eben zu dem
Zwecke, den maßgebenden Gedanken als „richtigen“ zu ver¬
kündigen, ist nicht angängig. Selbstverständlich anerkennen
wir ein „Gewißheits- oder Überzeugungsgefühl“, aber dieses
bedeutet uns nicht nur ein Zuständliches, als ob „Gewißheit“
und „Überzeugung“ einen besonderen Zug an einer besonderen
Lust selbst darstelle, sondern es bedeutet jenes Zusammen
von Lust und „begleitendem“ Gegenständlichen, der unklaren
Körperempfindung, ein Zusammen das mit solchen „Gedanken“
vereint sich findet, die das Bewußtsein in diesem Augenblick
für „gewiß“ hält, also von deren „Richtigkeit“ es „über¬
zeugt“ ist.
Während wir die Einteilung des „Gefühls“ überhaupt in
ästhetisches, intellektuelles usf., sofern das „maßgebende“
Gegenständliche den Einteilungsgrund hergibt, immerhin als
eine mögliche anerkennen werden, wenn sie auch niemals
völlig und sauber von uns durchzuführen ist, so muß es doch