Zur Lehre vom Gemüt
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die doch allein maßgebend sein kann, nicht noch eine „quali¬
tative“ Verschiedenheit der Lust oder der Unlust neben Art
und Grad dieser Gefühle. Indessen, da nun einmal die Be¬
hauptung einer „Färbung“ von Lust und Unlust ausgesprochen
ist, so haben wir den Tatsachenbestand noch einmal darauf¬
hin ganz besonders zu prüfen, um, wenn wir auch nicht
bekehrt werden sollten, dann eben den Irrtum, der in jener
Behauptung liegt, in seiner Quelle aufzudecken, denn wir
müssen annehmen, daß jener Behauptung doch gewisse Tat¬
sachen unterliegen, auf die sie sich gründet.
Die „Färbung“ des Gefühls (der Lust und der Unlust)
soll aber mit Art und Grad des Gefühls nichts gemein haben.
Wenn wir nun auf die Entdeckung des geheimnisvollen
Anderen ausgehen, so wird geraten sein, zwei allgemein an¬
erkannte „Gefühle“, die nach Art und Grad gleich, aber von
verschiedenem Gegenständlichen bedingt sind — wie solche
Gefühle ja vielfach in unserer Erfahrung sich bieten —, mit¬
einander zu vergleichen, ob wir nicht etwa doch an diesen
Gefühlen d. h. Zuständlichem als solchem außer gleicher
Art und gleichem Grad noch anderes entdecken können, in
dem sie vielleicht unterschieden wären.
Nehmen wir zum Vergleiche den Zahnschmerz und die
Reue. Beides verzeichnen wir als „Gefühl“ im Sinne jenes
Zusammens von Zuständlichem und „maßgebend“ bedingendem
Gegenständlichen. Wir setzen dabei voraus, daß die Unlust,
die in beidem als Zuständliches sich findet, auch dem
Grade nach gleich sei; dann sind Zahnschmerz und Reue, die
besonderen Fälle jenes Zusammens, immerhin durch ihr be¬
sonderes Gegenständliches, das als maßgebendes in der Auf-
raerksamkeitsstellung steht, deutlich unterschieden, also trotz
des nach Grad und Art gleichen Zuständlichen beider doch gar
nicht zu verwechselnde „Gefühle“. Aber dies Zusammen von
Zuständlichem und maßgebenden Gegenständlichem meint man
gar nicht, wenn man von Gefühlen als „qualitativ“ ver¬
schiedenen spricht, und im Besonderen nicht das „maßgebend“
bedingende Gegenständliche, wenn man von der „Färbung“
eines Gefühls redet. Daß zwar dieses Gegenständliche für
die angebliche „Färbung“ des Gefühls verantwortlich sei, wird
Rehmke, Gemüt. 4