gang Hilligenls. Bereits die suggestive Frage als Kapitelüberschrift: Können
Machtpolitiker den Frieden sichern? und gleich anschließend die ebenfalls eine
Antwort schon enthaltende Frage: Braucht Deutschland , Kanonen statt Butter?''
verweisen auf den neuen Tenor* 19 23.
Über das offenkundige Lernziel der Friedenserziehung hinaus wird die Gegen¬
wartsrelevanz der Auseinandersetzung mit Geschichte deutlich gemacht. Das Ab¬
stimmungsergebnis von 1935 wird hier schon nicht mehr - wie bisher zumeist -
aus der „Gewinnerperspektive“ als „Erfolg“ Hitlers bewertet, sondern vorsichtiger
als Erfolg, der der nationalsozialistischen Propaganda gelegen kam-0 oder in einer
noch expliziter distanzierten Form vermittelt: Hitler behauptete, die Deutschen
dort hätten für ihn gestimmtWeitergehend in der Bewertung der Tragweite der
regionalen Entscheidung ist, dass die Rückgabe des Saargebietes an Deutschland
zu einem großen propagandistischen Erfolg wurde, der auch auf die innere Situa¬
tion Deutschlands stabilisierend wirkteln der zeitgenössischen Sprache vermit¬
telt „Das waren Zeiten“ das Geschehen und nimmt damit unterschwellig eine ver¬
ständnisvolle Perspektive ein: 91 Prozent der Bevölkerung stimmten für die , Heim¬
kehr' ins deutsche Reich. Mit der Begrifflichkeit wird der national emotionalisierte
Wahlkampf aufgegriffen. Der saarländischen Innenperspektive werden jedoch an¬
dere Perspektiven gegenübergestellt: Da die Abstimmung rechtmäßig war, er¬
kannten die französische Regierung und der Völkerbund das Ergebnis an. Und aus
der Perspektive der nationalsozialistischen Politik: Die Nationalsozialisten feierten
das Ergebnis der Volksabstimmung als ihren Sieg gegen die Ordnung von 19 lH12.
Is Das Buch ist zuerst 1966 erschienen, vgl. Rainer Riemenschneider, Das Geschichtslehr¬
buch in der Bundesrepublik. Seine Entwicklung seit 1945, in: Gesellschaft, Staat, Ge¬
schichtsunterricht (wie Anm. 6), S. 295-312, hier: S. 303. Das Buch war als Lese- und
Arbeitsbuch auch in seiner didaktischen Konzeption neu. Den Schülerinnen und Schülern
wird nun die Möglichkeit geboten, sich ein Thema selbst - aus verschiedenen, kon¬
trastiven Perspektiven, mit unterschiedlichen Quellengattungen und methodisch differen¬
ziert - zu erarbeiten. Die Schülerinnen und Schüler werden sowohl in den historischen
Erkenntnisprozess als auch in die didaktischen Intentionen mit einbezogen. Zur neuen
Generation der Geschichtsbücher vgl. zum Beispiel Joachim Rohlfes, Geschichtsunter¬
richt und Geschichtsdidaktik von den 50er bis zu den 80er Jahren, in: Geschichtsunter¬
richt und Geschichtsdidaktik (wie Anm. 6), S. 164.
19 Menschen in ihrer Zeit, Friedrich Lucas, Heinrich Bodensieck, Erhard Rumpf und Gun¬
ter Thiele, Bd. 4: In unserer Zeit, Stuttgart (Klett) 1972, 2. Auf]. 1981, S. 100.
20 Zeiten und Menschen. Geschichtliches Unterrichtswerk, hg. von Dr. R. H. Tenbrock,
Prof. Dr. K. Kluxen und Prof. Dr. H. E. Stier, Oberstufe Ausg. G, Bd. 2: Die Ge¬
schichtlichen Grundlagen der Gegenwart 1776 bis heute, bearbeitet von R. H. Tenbrock,
E. Goerlitz und W. GrÜTTE, Paderborn (Schöning/Schroedel) 1970, S. 136. Vgl. auch
in späteren Büchern: „Propagandaerfolg“, etwa in Zeit für Geschichte 4, Ausgabe A, be¬
arbeitet von Dorothea Beck und anderen, Hannover (Schroedel) 2002, S. 116.
21 Menschen in ihrer Zeit (wie Anm. 19), S. 100.
22 Zeiten und Menschen, Neue Ausgabe G, Bd. 2: Vom Zeitalter der bürgerlichen Revo¬
lutionen bis zum Zweiten Weltkrieg, bearbeitet von Wilhelm Borth und anderen, Pader¬
born (Schöningh) 1986, S. 235.
23 Das waren Zeiten 3. Das kurze 20. Jahrhundert, hg. von Dieter Brückner und Harald
Focke, Bamberg (C.C. Büchners) 2010, S. 99.
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