im Rahmen eines möglichen Krieges gegen Frankreich erhielt. Nun waren 171 Of¬
fiziere, 104 Militärbeamte und 3553 „Gemeine“ in der Stadt stationiert. Die militä¬
rischen Rituale wie Ausritte, Fahnenappelle, Zapfenstreiche und Konzerte der ver¬
schiedenen Regimenter prägten immer stärker auch das Leben der städtischen Zi¬
vilbevölkerung.
In standesgemäßer Abgrenzung pflegte die Führungsschicht des Saarbrücker
Bürgertums aus Verwaltung, Wirtschaft und Kultur einen immer vertrauteren Um¬
gang mit der in der Stadt stationierten Militäraristokratie19 21. Ein bevorzugter Anlass
waren dabei nationale oder auch lokale Jubiläen und Feste. Eine solche Gelegen¬
heit bot sich am 10. März 1913 anlässlich der vor hundert Jahren erfolgten glor¬
reichen Erhebung der Nation und der Stiftung des Eisernen Kreuzes. Zur Vorbe¬
reitung eines gemeinsamen Festessens im städtischen Saalbau mit ca. 500 (aus¬
schließlich männlichen) Teilnehmern hatte der kommandierende General des XXI.
Armee-Korps von Below die Zustimmung der Spitzen der hiesigen Behörden, ins¬
besondere des Herrn Eisenbahndirektionspräsidenten, des Herrn Oberbergrats
Fuchs, des Herrn Landrat von Miquel2i) usw. eingeholt. Die Einladung zu der Ver¬
anstaltung wurde dann auch unterzeichnet von dem Kommandierenden General,
dem Präsidenten der Königlichen Eisenbahndirektion Schwering und dem Ober¬
bürgermeister Mangold. Es folgten mehrere Besprechungen eines eigens ge¬
bildeten Festausschusses. Dabei wurde geplant, dass alle Festgäste an kleinen Ti¬
schen (6-19 Personen) Platz nehmen, wobei nach Möglichkeit auch jeweils ein
Stadtverordneter und ein Vertreter der Militärbehörden an jedem der Tische sitzen
sollte. Besonders heikel war offensichtlich die Belegung des Spitzentisches, so
dass man zu diesem Zweck noch eine Unterkommission des Festausschusses21 bil¬
dete. Dieses Gremium bestimmte die Spitzen der Tische: für 23 Tische wurde die
Spitze durch ein Tandem aus einem führenden Repräsentanten der zivilen Elite
(zumeist Stadtverordnete) und einem Offizier der Garnison gebildet. An 21 weite¬
ren Tischen übernahm ein hoher Zivilbeamter allein den Vorsitz, weil es of¬
fensichtlich nicht genug hohe Offiziere gab. Einen Platz an der Ehrentafel erhielten
53 Männer: Generäle und leitende Offiziere besetzten die Plätze 1-14, es folgten
die leitenden Beamten (Positionen 15-30) staatlicher Verwaltungen, dann folgten
die Leiter lokaler Banken und Industriebetriebe, die Spitzen der städtischen Ver¬
waltung sowie zwei Pfarrer. Einen Vertreter der Arbeiterschaft gab es nicht, wohl
aber einen Gärtner22.
Im Mittelpunkt der Ehrentafel saß der kommandierende General, zu seiner Linken
der Oberbürgermeister und zu seiner Rechten der Leiter der Eisenbahndirektion23.
Paul Burgard und Ludwig Linsmayer, Von der Vereinigung der Saarstädte zum Ab¬
stimmungskampf (1909-35), in: Rolf Wittenbrock (Hg.), Geschichte der Stadt Saar¬
brücken, Bd. 2, Saarbrücken 1999, S. 132-242.
StA Saarbrücken, Bestand Großstadt (G), Nr. 330, Schreiben vom 21. Februar 1913.
21 Ebd., Sitzung am 6. März 1913.
ln der gedruckten Erläuterung hatte es dazu geheißen: An der Ehrentafel nehmen Vertre¬
ter der Behörden und aller Stände teil, insbesondere Inhaber des Eisernen Kreuzes [...].
Im übrigen wird bemerkt, dass es für wünschenswert erachtet wurde, mit Rücksicht auf
den volkstümlichen Charakter der Feier eine möglichste Vermischung aller Stände, Be¬
rufe und Behörden eintreten zu lassen, ebd.
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Ebd. ln der Akte finden sich mehrere Entwürfe zur Besetzung der Ehrentafel.
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