schänden und uneren zu besitzlicher huswonunge zu im genommen ein öde gemein
bübin, die ir sin lib und gut mit irer eigenwilligen snöden regierunge zu verwalten
ganz underworfen, dann ouch sin lant und lüte... geswechet und gekrenket hat, in
irem frevelichen regi ment frowen in frowelichen banden gefangen, getürnet und in
gefengnis von ir frucht, etlich unverschult vom leben zum tode broht [...] so hat der
snöden bübin handel ie lenger ie me oberhant genommen. Domit ist nun mins
bruders lib und gut nit klein abgegangen, ouch dadurch min herrschaft zu gründe,
verderbunge und abgang f...]40. Ähnlich argumentierte Ludwig auch noch zwei
Jahre später, 1463, in einem Brief an den lothringischen Herzog René I. von
Anjou. Darin erklärte er nachträglich die Ereignisse des Jahres 1462 und
rechtfertigte, warum er trotz einer vorangegangenen Einigung erneut gegen seinen
Bruder Jakob vorgegangen war41.
Die hier geschilderten Ereignisse, ob sie sich nun genau so zugetragen haben
oder nicht, schienen Ludwig jedenfalls mehr als genug Grund zu geben, sogar mili¬
tärisch gegen Bärbel von Ottenheim, vorzugehen. Diese hatte sich mit wenigen
Helfern in das Buchsweiler Schloss zurückgezogen, das Ludwig nun nach Ein¬
nahme - oder nach Übergabe durch Jakobs Untertanen - der Stadt belagerte.
Jakob, der persönlich herbeieilte, um seiner Geliebten beizustehen, beschwerte sich
bei Meister und Rat der Stadt Straßburg über das Vorgehen seines Bruders42. Doch
seine Klagen blieben erfolglos, denn schon im Vorfeld hatte Ludwig sich mit
diesen abgesprochen4' und hielt auch während der Belagerung den Briefkontakt
aufrecht. Er schickte Zwischenberichte an die Stadt und bat um Ratschläge, Trup¬
pen sowie Feld- und Belagerungsgeschütze, die ihm der Rat auch bereitwillig ge¬
währte. Dafür erklärte Ludwig sich einverstanden, keinen Vergleich ohne Stra߬
burger Zustimmung in dieser Streitfrage einzugehen44. Dass es längst nicht mehr
um den Anstoß ging, den man am Verhalten Bärbels genommen hatte, sondern da¬
rum, Jakobs Machtstellung zu untergraben, kann man aus dem Vorschlag des
Straßburger Rats an seine Bevollmächtigten in Buchsweiler ersehen, der dahingeht,
bei einem Vergleich daraufhinzuarbeiten, Jakob von Lichtenberg zum Verzicht
40 zitiert nach: Lempfrid, Bärbel (wie Anm. 3), S. 83.
41 ln dem Brief heißt es: hette min bruder nit noch [...] vor etwie mannigen iaren ein
gemeine landloufige dirne an sich genomen, die sich des regiments, das er von gott und
recht billich gehabt und getragen han solt, underfangen, sin sigel in irem gewalt allzit
gehabt und damit nach irem willen gehandelt und für sich selbs allein gewalticlich das
regiment gefürt hat. und under andern misshandeln [...] so hat si [...] mins bruder
hofgesinde, rete, diener und manschaft [...] etliche kleine kinde undsust manchen fromen
man [...] in turne geleit, ir gut ine abgechatzt, die priester von iren pfrunden verwiset,
alles unverschult und one gericht und recht [...] sie hat ouch [...] mit irer zaubery minen
bruder [...] hart gebunden und geblendet gehalten [...] und als ich ouch befände, an was
striks ine dise verlassene creature fürte ime zu schade an seien, eren, lip und gut [...] und
bin dorumb in dem vergangen iare geruckt vor ein sloss, darin sii b¡einander waren [...],
zitiert nach Lempfrid, Bärbel (wie Anm. 3), Anlage Nr. 11, S. 86f.
4^ Battenberg/Metz, Lichtenberger Urkunden (wie Anm. 7), Nr. 3851 und Lempfrid,
Bärbel (wie Anm. 3), S. 51.
Battenberg/Metz, Lichtenberger Urkunden (wie Anm. 7), Nr. 3843.
44 Ebd. Nr. 3843-3848.
155