Maria Vòllono
Germ, /w/ in langobardischen Anthroponymen bis
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Grapho-phonetische Überlegungen, Diatopie und Diachronie
der Varianten
Die Wanderung der Langobarden nach Norditalien im Jahre 568 unter der
Führung König Alboins und die Errichtung eines dauerhaften langobardischen
Königreichs' hat neben sprachlichen Spuren im Bereich der Lexik auch dazu
geführt, dass sich zahlreiche Personennamen germanischen Ursprungs ver¬
breiteten, wo bislang eine traditionelle lokale Onomastik, meist lateinischen
Ursprungs, Gültigkeit gehabt hatte. Das germanische Namensystem hat die
Namengebung im Bereich der Langobardenherrschaft stark und nachhaltig
geprägt. Personennamen sind eine wichtige historische und sprachliche Quel¬
le, vor allem für das frühe Mittelalter, aus dem schriftliche Quellen nur sehr
spärlich auf uns gekommen sind. So lässt sich die fortschreitende Assimilation
der Langobarden an ihre romanische Umgebung ab dem 8. Jahrhundert etwa
daran ablesen, dass es in den langobardischen Territorien Italiens in ver¬
stärktem Maß zur Bildung von Hybridnamen kommt, d.h. Kombinationen
eines germanischen und eines romanischen Elements. Dies ist ein beredtes
Zeugnis einer bilingualen Gesellschaft im regnum Langobardorum, die frei¬
lich einem dauernden Wandel hin zu einer immer deutlicher ausgeprägten
sprachlichen und nicht zuletzt kulturellen Dominanz der Romanen unter¬
worfen war.1 2 3 Im Einzelnen spiegelt sich der Grad der Akkulturation in der
Phonologie, der Morphologie und der Semantik der Namen wider; bei der
Auswertung dieser nicht nur kulturgeschichtlich, sondern auch linguistisch be¬
deutsamen Zeugnisse der sprachlichen Assimilation bleiben jedoch Kriterien
wie die Unterscheidung von Kopie und Original, Interferenzerscheinungen
sowie die geographische und zeitliche Ausbreitung eines bestimmten Phäno¬
mens stets zu berücksichtigen.
1 Zum Folgenden vgl. auch die Überblicke bei Jamut 1982; Ders. 1993, S. 173-194;
Dclogu 1995, S. 290-319.
2 Francovich Onesti 2000, S. 357-374; Dies. 2004, S. 204-220; Haubrichs 2004a, S.
85-105; Haubrichs 2004b, S. 179-203; Haubrichs 2005, S. 67-102; Haubrichs 2008,
S. 87-140; Wagner 2000, S. 152ff.
3 Seit der Darstellung der Sprache der Langobarden durch Bruckner 1895 ist die ein¬
schlägige Forschung ausgehend von verlässlichen Neueditionen der Quellen sowohl
im Bereich der Lexik als auch in der Personennamenforschung auf eine völlig neue
Grundlage gestellt worden. Für die Onomastik, die langobardischen Namen, sind
vor allem die Arbeiten von Arcamone 1972, 1976, 1980, 1986, 1997a; Francovich
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