„Als Bestimmungswort kommt althochdeutsch swin , Schwein4 in Frage, so
daß sich als Deutung des Namens wohl ,fiir Schweine gangbare Furt, Furt, an
der sich (Wild-)Schweine aufhalten4 ergibt.44,(1
Ein methodischer Fortschritt wäre hier bereits aus der Beachtung metho¬
discher Grundsätze der Etymologie zu gewinnen. Wenn nicht nur ein passen¬
des Appellativ angegeben wird, sondern auch die Motivation nachgewiesen
werden könnte, wären solche Erklärungen jedenfalls weniger volksetymo¬
logie-verdächtig.
Grundsätzlich wichtig erscheint mir ferner auch die Einbettung der
einzelnen Ortsnamen in übergreifende Zusammenhänge. Soweit diese For¬
derung sozusagen innerlinguistisch die Berücksichtigung der historischen
Phonologie und Morphologie betrifft, ist sie allgemein anerkannt, was natür¬
lich nicht heißt, dass sie auch immer erfüllt wird. In nicht wenigen Fällen führt
die genauere Beachtung dieser Forderung bereits zum Ausschluss von volks¬
etymologischen Ansätzen.
Gefordert wird darüber hinaus auch die Beachtung namensystematischer
Zusammenhänge. Dieses Prinzip hat beispielsweise Karlheinz Hengst (1995,
S. 322) in allgemeiner Form formuliert:
Wesentlich ist dabei, den ON aus seiner Vereinzelung zu lösen und
einer Gruppe von ON, einem ON-Typ, zuordnen zu können, der
wiederum einer bestimmten Namen- resp. Sprachschicht zugehörig ist.
Die Rekonstruktion von Namentypen im Rahmen der Rekonstruktion
von Namenschichten ist für die sprachgeschichtlich-etymologische
Analyse einzelner ON (und GN) entscheidend.
Die Argumentation mit diesem Prinzip war schon in einer zitierten Erklä¬
rung eines Namens durch Peter Wiesinger (2004) enthalten, derzufolge er für
den Namen des Innzuflusses Pram nicht einer durch Belege nahe gelegten
Volksetymologie folgt, sondern einen vordeutschen Namen annimmt. Das
heißt, es stehen sich zunächst zwei Etymologien gegenüber, eine aus ahd.
hräma und eine andere aus dem indogermanischen, die beide mit den Belegen
vereinbar sind und beide sprachlich möglich erscheinen. Für die Bevorzugung
der vordeutschen Etymologie führt Wiesinger ein systematisches Argument
an, nämlich dass „nicht nur die Raab als Nebenfluß einen solchen trägt,
sondern auch die meisten Namen der andern rechten Nebenflüsse des Inns
vordeutschen Ursprungs sind.44 Damit gewinnt er sozusagen eine plausiblere
Erklärung als beim isolierten Vorgehen. Hinzu kommt freilich auch, dass sich
die neue Etymologie durch die Realprobe als vom Charakter des Gewässers
motiviert erweisen lässt (mündlicher Hinweis von Peter Wiesinger).
Auch für den weiter oben angesprochenen Namen Wiesent lässt sich unter
Beachtung der Einordnung in eine historische Namenschicht und unter Beach¬
tung seiner Morphologie wohl eine vordeutsche Etymologie plausibel machen,
worauf Albrecht Greule in der Diskussion hingewiesen hat (vgl. Greule 2005).
16 Hervorhebung der Vermutungssignale durch R.B.
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