Kulturlandschaftliche Identitätserhaltung
in industriell geprägten Räumen durch Umnutzung
und Inwertsetzung industriekultureller Relikte
Juan Manuel Wagner
Kulturlandschaftliche Identität - Erfordernisse nach Übereinstimmung und
Unterscheidbarkeit
Das Einzigartige, das Besondere, das Unverwechselbare einer Sache oder einer
Person sind Merkmale, denen nicht selten eine erhebliche Bedeutung beigemes¬
sen wird. In der Produktwerbung z.B. kommt der expliziten Akzentuierung von
so genannten Alleinstellungsmerkmalen bzw. Unique Selling Propositions ein
zentraler Stellenwert zu. In einem ähnlichen Kontext stehen auch zahlreiche
unternehmerische Bemühungen um die Schaffung einer Corporate Identity. Ein
wichtiges - auf das Außenverhältnis eines Unternehmens gerichtetes - Ziel ist
hierbei, durch eine klare und konsistente Selbstdarstellung ein unverwechsel¬
bares Unternehmensimage aufzubauen, d.h. in der Öffentlichkeit ein identifizier¬
bares und gegenüber der Konkurrenz unterscheidbares, stabiles Vorstellungs¬
bild des Unternehmens entstehen zu lassen.'
In ihrer eigentlichen Bedeutung meinen die Prädikatoren "identity" bzw. "Identi¬
tät" die vollständige Übereinstimmung in allen Merkmalen. Bezogen auf Dinge
kann dieses strikte Übereinstimmungsprinzip durchaus in vielen Fällen von
praktischer Relevanz sein. Bezogen auf Personen hingegen ist es vergleichs¬
weise selten anwendbar, da ein Individuum letztlich nur jeweils innerhalb eines
verhältnismäßig kurzen Zeitraumes vollständig mit sich selbst übereinstimmen
kann. In den Humanwissenschaften werden "identity" und "Identität" daher fast
ausschließlich in abgeschwächter Form verwendet: Zumeist bezeichnen sie dabei
eine wahrgenommene - auf einer relativen Merkmalskonstanz beruhende - Über¬
einstimmung in wesentlichen Merkmalen. Auf entsprechenden Überlegungen
baut auch die Beschäftigung mit der Personal Identity in der Philosophie und
Psychologie auf.1 2
Im Grunde bedarf es aber nicht nur bei Personen, sondern bei allen zeitvariablen
Betrachtungsgegenständen einer Aufweichung des strengen Übereinstimmungs¬
prinzips. Dies gilt mithin auch für Kulturlandschaften, denn sie stellen stets ein
1 Vgl. dazu z.B.: Corporate Identity. Grundlagen, Funktionen, Fallbeispiele, hrsg. von Klaus
Birkigt, Marinus M. Stadler u. Hans Joachim Funck. Landsberg am Lech lo2000; Dieter
Herbst, Corporate Identity. Berlin 1998.
2 Vgl. u.a. Harold W. Noonan, Personal Identity. London 1989; Paul F. Snowdon, Personal
Identity, in: The Oxford Companion to Philosophy, hrsg. von Ted Honderich. Oxford 1995,
S. 654f.
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