zierte, historische Schrift des Jenaer Universitätsprofessors Adolf Schmidt über
den Verlust der angeblichen Reichsprovinzen Elsaß und Lothringen zweimal
neu aufgelegt.62
Ein weiterer der alten Kämpen, der Stuttgarter Publizist und Kritiker Wolfgang
Menzel (1789-1873), ergriff ebenfalls Anfang September, freilich mit einem
neuen, polemisch gefärbten, historisch, militärisch und sprachlich argumentie¬
renden Buch - Elsaß und Lothringen sind und bleiben unser - das Wort: „Es
gibt kein anderes Mittel, Deutschland vor diesem bösen Nachbar zu schützen,
als ihn gänzlich zu entkräften, ihm das Instrument, womit er sündigt, vom
Leibe zu schneiden. Frankreich muß verkleinert werden“.63 Diese nationalisti¬
sche Streitschrift ist ganz von der Idee der Vergeltung des durch den „Raub“
des Elsasses an Deutschland angeblich begangenen Unrechts durchdrungen.
Inzwischen war auch der dritte der berühmten Briefe Agli Italiani Theodor
Mommsens, zuerst in einer Mailänder Zeitung publiziert, in Frankreich bekannt
geworden, in dem der eher der bürgerlichen Linken angehörige berühmte Alt¬
historiker (1817-1903)64 die Rückforderung des Elsasses im Sinne Böckhs
ebenfalls als ein durch das Nationalitätsprinzip gerechtfertigtes Verlangen dar¬
stellte.65 Auf Mommsens Briefe antwortete am 27. Oktober der junge französi-
Breslau (1847-84), Bonn (1884-91) und Freiburg i.Br. (1897-1905), ist charakteristisch
die mit dem Nationalitätsgedanken einhergehende Idee eines modernen Staates, der seine
Grenzen zugleich auf natürlich-geographische, sprachlich-nationale wie militärisch-strate¬
gische Erwägungen gründet. Dies nennt er das „Naturrecht ... unserer gegenwärtigen
Sicherung und unsers künftigen Gedeihens“. Historische Legitimation wird ausdrücklich
abgelehnt, für eventuelle „außemationale“ Einwohner des neuen Nationalstaates wird
ausdrücklich im Sinne Böckhs die Pflege und Lehre der Muttersprache und das Recht
ihrer Verwendung in öffenüichen Angelegenheiten gefordert.
62 Vgl. o. Anm. 8. Die Vorworte der Neuauflagen datieren vom 8. und 26. September des
Jahres 1870.
63 Menzel, Wolfgang: Elsaß und Lothringen sind und bleiben unser, Stuttgart (Verlag A.
Kröner) 1870. Sehr erfolgreich war im Südwesten auch die Jubelschrift von Vetter,
Johannes: Deutschlands Sieg über welsches Wesen und Deutschlands Recht auf Elsaß-
Lothringen, Karlsruhe (Verlag G. Braun) 1870, Ende September bereits in 5. Auf!., im
Oktober in 6. Auflage. Vetter war wohl am Großherzoglich-Badischen General-Landes-
Archiv zu Karlsruhe tätig. Vgl. dazu Körner (Anm. 43), S. 63f.
64 Theodor Mommsen war 1848 Professor der Rechte in Leipzig geworden, 1850 aber aus
politischen Gründen entlassen worden. 1852 berief man ihn auf eine Professur für
Römisches Recht in Zürich, 1854 nach Breslau, 1858 auf einen Lehrstuhl für Alte
Geschichte in Berlin. Mommsen war 1863-1866 und nochmals 1873-79 Mitglied des
preußischen Landtags.
65 Mommsen, Theodoro: Agli Italiani, Berlino (gedruckt bei Gustav Schaede) 30. Agosto
1870. In diesem Privatdruck waren die Briefe vom 10. August (publiziert in der
Mailänder Zeitung ,La Perseveranza1) und vom 20. August (publiziert in der Mailänder
227