len Anschluss nach Norden zeigen, haben meistens ihre Parallele in der älte¬
ren und ältesten Ortsnamenüberlieferung.
1.5. Toponyme als Quellenbasis wortgeographischer Studien
Die methodischen Voraussetzungen für die Rekonstruktion historischer Dia¬
lektgebiete und insbesondere für die historische Wortgeographie wurden
durch die ,Kulturraumforschung1 der sogenannten ,Bonner1 oder .Rheini¬
schen1 Schule geschaffen, deren Konzepte, die auf weitgehend überzeugende
Weise zum ersten Male konsequent Sprache und Geschichte zueinander in
Beziehung setzten, in den Zwanziger Jahren in interdisziplinärer Zusam¬
menarbeit von Historikern, Geographen, Volkskundlern und Linguisten an¬
hand der rheinischen Verhältnisse entwickelt worden waren (vgl. DEBUS
1983, 934). Ausgangsbasis ihrer Überlegungen war, dass
[...] die gegenwärtige Verteilung der sprachlichen Formen, der Wörter und Lau¬
te im Raum zurückweist auf historische, kulturelle und verkehrsgeographische
Raumbildungen vergangener Zeiten, ja daß sich unter bestimmten Umständen
aus gegenwärtiger Lagerung sprachlicher Relikte auf längst zerrissene histori¬
sche Zusammenhänge und Einheiten schließen läßt (Haubrichs 1992, 634).
Angestrebt wurden große, methodisch richtungweisende Synthesen, die
„Allgemeingültigkeit im Sinne überregionaler Verbindlichkeit beanspruch¬
ten11 (Geruch 1986, 150). Diese allzu optimistischen Prognosen, „aus den
realen Tatsachen der Gegenwart und den sicher erkannten politischen Bewe¬
gungen früherer Jahrhunderte ein zuverlässigeres Bild ehemaliger sprachlicher
Verhältnisse zu gewinnen11 (Frings/Van Ginneken 1919, 105), mussten in
den letzten Jahrzehnten relativiert werden. Die begrenzte Reichweite der dia¬
lektgeographischen Methode rief die Forderung nach einer „methodologischen
Umorientierung11 auf den Plan, bei der „traditionelle Formen der Auswertung
historischen Datenmaterials in neuer Systematik einen gewichtigen Stellen¬
wert im Rahmen eines kombinierenden historisch-geographischen Ansatzes
erhielten11 (DEBUS 1983, 93 lf.). Es wird immer deutlicher erkannt, dass die
Namen für die Erforschung der sprachgeschichtlichen Gegebenheiten eines
Raumes und dessen Raumgliederung eine wichtige Rolle spielen; sie werden
jedoch insgesamt „noch längst nicht hinreichend genutzt [...]. Nicht zuletzt die
dem Appellativbereich noch am nächsten stehenden Flurnamen eignen sich
hervorragend als Quelle für die historische Dialektgeographie“ (Debus 1983,
931 f., 935). Flurnamen sind für wortgeschichtliche Studien insofern wichtig,
als das aus Flurnamen gewonnene Wortgut durch große Altertümlichkeit des
landwirtschaftlichen Sachwortschatzes gekennzeichnet ist. Dieses aus Flur¬
namen extrahierte Wortgut gehört vermutlich zu denjenigen Denotatklassen,
die „geradezu am Boden kleben“ (KLEIBER 1975, 148). Die Zugehörigkeit zur
sprachlichen Grundschicht, die eindeutige Datierbarkeit und Lokalisierbarkeit
sowie das dichte Belegnetz lassen also in Flurnamen eine Quelle ersten Ran¬
12