Saar nicht darauf warten wollten, bis die Wissenschaft Verwertbares lieferte, und
bat die Politik, sich in die Forschung einzuschalten, damit die Wissenschaft,
„richtig erfaßt und eingesetzt, der deutschen Politik die Hilfestellung“ gebe, die
gefordert sei:294 „[...] unsere Forschung geschehe stets im Hinblick auf die Politik,
sie bezeichne die Ziele und Stellen, wo sie die Unterstützung der Wissenschaft
anfordert und wo sie, eben aus politischen Gründen, zum Schweigen mahnt! Wenn
es zur politischen Kunst gehört, warten zu können, muß auch die Wissenschaft, die
ihr zu helfen hat, auf eine gefährliche Vollständigkeit verzichten können.“295
Santes Bestellung zum Saarbrücker Stadtarchivar ist der sichtbare Ausdruck für die
neue Kräftekonstellation an der Saar. Schmidt-Ott und Aubin fügten sich Preußens
Wünschen. Im September 1929 wählte die SFG Sante zu ihrem neuen Schriftführer.
Er wurde sogleich für eine Führungsposition im Historischen Verein in Aussicht
genommen. Aubin sah die Veränderungen voraus und sprach sibyllinisch von „den
neuen Verhältnissen, die sich jetzt wahrscheinlich bilden“ würden. Er sollte Recht
behalten. Der Einfluss des preußischen Kultusministerium wuchs derart, dass Sante
in der Rückschau vermeinte, das Ministerium sei schon an der Gründung der SFG
beteiligt gewesen.296
Das Verhältnis zwischen SFG-Vorsitzendem und SFG-Schriftfuhrer war häufig
gespannt. Sante missfiel Aubins Ordinarienhaltung.297 Den offenen Konflikt musste
Sante nicht suchen, denn Aubin war selten in Saarbrücken. Seine zunehmende
räumliche Entfernung - er ging 1929 von Gießen an die Universität Breslau - mini¬
mierten seinen Einfluss auf die SFG.29* Als Aubin nach Ägypten berufen wurde und
die Wintersemester 1931/32 und 1932/33 abwesend war, triumphierte Sante:
„Einleitend die Nachricht, bei deren Lesung Sie sich erheben wollen, dass Aubin
nach Kairo geht, ob als Austausch-Professor oder in welcher anderen Eigenschaft,
ist uns unbekannt, wir sind ihn wenigstens los, er fährt schon nach Weihnachten
zu Beduinen und Kamelen, des freut sich die arbeitende SFG.“299
Kairo war ein Glücksfall für Sante und die saarländische Partei des preußischen
Kultusministeriums. Vom Vorstand der SFG waren jetzt nur noch Bongard und
Sante übrig. Letzterer überschritt nach Belieben seine Befugnisse und schwang
sich zum Statthalter Aubins auf. Besprechungen mit dem Vorsitzenden oder Be¬
schlüsse der Mitgliederversammlung legte er nach eigenem Gutdünken aus. Sante
HessHStA, 1150/63: Sante an Brackmann v. 6.3.1935, 2 u. 1.
JJ'' BayHStA, MA 108204: Sante, „Französische Propaganda ...“, 25-26; cf. PAAA, R60272,
f. E061779: Brackmann an RMdl v. 3.11.1934.
LASb, SM 12: Aubin, Griewank, SFG-Tagung am 21./22.9.1929, 7, cf. 8; LASb, SM 12:
Aubin, Griewank, Mitgliederversammlung der SFG am 6.1.1929, 8; cf. HessHStA, 1150/63:
Sante, Tätigkeitsbericht v. 26.1.1935, 2; Sante an Bürckel v. 11.3.1935; Sante [Forschungs¬
arbeit an der Saar] v. 9.3.1935, 1.
HessHStA, 1150/63: Sante an Overbeck v. 5.11.1934, 2.
~98 HessHStA, 1150/46: Sante, SFG und Kulturpolitik [ca. Anfang 1938], 15.
2" HessHStA, 1150/68: Sante an Overbeck v. 23.12.1930, 2.
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