Investitionen in festverzinsliche deutsche Wertpapiere durch die Einführung einer
Besteuerung in seiner Attraktivität zu verringern.6
Abgesehen von dieser Kontroverse über die Ursachen der Krise und die in ihr be¬
grenzte Handlungsfähigkeit der Politik, richtet sich ein großer Teil des Forschungs¬
interesses auf die Gründe ihrer Überwindung. Eine entscheidende Rolle wird dabei
dem sogenannten Stabilitätsgesetz von 1967 zugemessen. Ursprünglich noch stark
von dem Gedanken geprägt, die Wachstumsraten in der Bundesrepublik zu ver-
stetigen und Perioden konjunktureller „Überhitzung“ sowie den starken Zustrom von
Kapital aus dem Ausland zu bremsen, erhielt dieses Gesetz im Lauf seiner Ent¬
stehungsgeschichte zwischen dem 4. Juli 1966 und dem 14. Juni 1967 immer mehr
Elemente des Wachstumsgedankens. Hierbei wurde erstmals der Versuch unternom¬
men, die Konjunkturwirksamkeit der öffentlichen Haushaltswirtschaft in Bund,
Ländern und Gemeinden verbindlich, koordiniert und planmäßig zu nutzen. Die
Überwindung der Krise steht damit für einen - zunächst partei-, dann wirtschafts¬
politischen - Neuanfang von Politik in der Großen bzw. dann erstmals sozial liberalen
Koalition, der eine Grundlage der Ablösung der Christdemokraten von der Regie-
rungsverantwortung und den Auftakt der langjährigen Regierungstätigkeit der SPD in
Bonn bildete. Die Bedeutung der Wirtschaftskrise 1966/67 als Zäsur wird aber auch
darin ersichtlich, daß sie neben ihren Rückwirkungen auf die nationale Wirtschafts¬
politik auch zu einer Neufassung der Regionalpolitik in der Bundesrepublik führte.
Nachdem die „Grundsätze für die raumbedeutsamen Maßnahmen des Bundes und
ihrer Koordinierung“, die erstmals bereits 1962 im Bundeskabinett beschlossen
worden waren, einen mehrjährigen Diskussionsprozeß durchlaufen hatten, beschleu¬
nigte die Krise den Entscheidungsprozeß. In der Ministerkonferenz für Raumordnung
wurde im Jahr 1967 eine Institution geschaffen, der die Aufgabe der Integration der
sehr unterschiedlichen politischen Konzepte der Länder und des Bundes über Grund¬
fragen und Instrumente der Raumordnung zukam/ In der Literatur wird jedoch der
eigentliche Durchbruch zu einer neuen Regionalpolitik in der Regel in der Ein¬
richtung der Gemeinschaftsaufgaben, insbesondere der Gemeinschaftsaufgabe zur
Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) gesehen.6 Dieser Schritt ist in
6 Eine interessante Quelle zur Sicht der Bundesregierung auf die Rahmenbedingungen ihrer Politik ist Rolf
Dahlgrün (Hg.), Probleme einer Neuordnung der Haushaltswirtschalt bei Bund und Ländern, Bonn oJ.
(1964) (= Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen 8).
Zur Einordnung in die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung vgl. Hardach, Marktwirt¬
schaft, S. 214ff., Osterwald, Stabilitätsgesetz, und Heinz Kock, Stabilitätspolitik im föderalistischen
System der Bundesrepublik Deutschland. Analyse und Reformvorschläge, Köln 1975. Das Stabilitäts¬
gesetz wurde so zur „magna Charta“ der Großen Koaliton, vgl. Klaus Hildebrand, Von Erhard zur Großen
Koalition 1963-1969, Stuttgart 1984 (= Karl Dietrich Bracher (Hg.), Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland 4), hier: S. 285ff.
s Im Überblick hierzu: Väth, Raumplanung, v.a. S. 157ff.
9 Vgl. hierzu den Überblick in Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hg.), Entwicklung. Sehr
aufschlußreich ist auch der Sammelband von Hans K. Schneider (Hg.), Beiträge zur Regionalpolitik,
Berlin 1968 (= Schriften des Vereins tür Socialpolitik N.F. 41), der den zeitgenössischen Stand der
Diskussion um diesen Übergang repräsentiert.
284