Fürstin entschloß sich nämlich zum ersten Mal seit ihrem Regierungsantritt, höchst¬
persönlich nach Saarbrücken zu reisen, um eine Forstordnung zu erlassen.
In Saarbrücken angekommen, erreichte sie sogleich eine weitere Bittschrift der
letzten, bislang noch nicht am Protest beteiligten Meierei aus der Grafschaft Saar¬
brücken: Ende September 1729 trugen die beiden Meier von Gersweiler und Otten¬
hausen im Namen sämtlicher Untertanen in Saarbrücken ihrer Fürstin vor, daß ihnen
nicht nur die Holzentnahme in ihren eigenen Feldern und Äckern, sondern auch der
Genuß ihrer Rodthecken verboten worden sei; außerdem seien ihnen erstmals be¬
stimmte Holztage in der Woche anbefohlen worden und was dergleichen unerträgli¬
che Neuerungen mehr, sindt alle in der gantz Landes übergebene(n) Specification
wegen der jetzig unerträglichen fValdordnung punctatim begriffen und die wir
ebenfalls ohne unsern Ruin nicht halten können"0. Die Gersweiler und Ottenhauser
Untertanen reihten sich damit in die gemeinsame ländliche Petitionsbewegung ein, an
der nun alle Meiereien (wenn auch nicht alle einzelnen Dorfgemeinden) der Graf¬
schaft Saarbrücken beteiligt waren"1. Jetzt bestand für die Fürstin umso mehr Hand¬
lungsbedarf: Am 16.Oktober 1729 erließ sie eine nassau-saarbrückische Forstord¬
nung, die nicht mehr wie der Entwurf des Oberforstmeisters aus 70 Punkten bestand,
sondern nur noch aus 35 Forstartikeln110 112. Damit hatte sie rein formal dem Protest der
Landgemeinden, der sich auf etwa die Hälfte der Artikel bezog, entsprochen. Aber
wie stand es mit dem Inhalt, stellte die neue Forstordnung auch von daher eine
Konzession an die Untertanen dar?
Gewiß war unverkennbar, wie die Saarbrücker Regierung wenig später feststellte,
daß die neue Forstordnung auf vielfältig eingekommene derer Unterthanen Klage in
gar vielen Puncten moderater eingerichtet wordenll3. So war etwa kein Wort mehr
über die Ausdehnung des Schweinegeldes auf die Mast in den gemeindeeigenen
Wäldern zu lesen. Überhaupt wurde die Viehweide wie bei den ersten nassau-saar-
brückischen Waldordnungen keiner sonderlich starken Reglementierung unterwor¬
fen; die Geißenweide beispielsweise blieb trotz gegenteiliger Absichten von Botz-
heims weiterhin gestattet, wenn man auch wegen der zu befürchtenden Waldschäden
110 Bittschrift von Gersweiler und Ottenhausen, Saarbrücken 28.September 1729: LA SB 22/2640,
fol.97f.; vgl. auch den Bericht Botzheims dazu v. 20.Oktober 1729, ebd., fol.99r.
l" Die Anwesenheit der Fürstin beflügelte auch weitere Gemeinden zur nochmaligen bzw. erstmaligen
Petition: so z.B. Bischmisheim u. Scheidt, die bereits an der Petitionsbewegung beteiligt waren (vgl.
die Petititon v. 24.September 1729: LA SB 22/2493, S. 17ff.) u. die Gemeinde Zettingen, die eine
ähnlich lautende Petition übergibt wie zuvor die zur gleichnamigen Meierei gehörige Gemeinde
Diedingen; allerdings gehörten die beiden letzten Orte nicht zur gemeinsamen Protestbewegung, weil
sie sich über ganz lokalspezifische Forstbelange beschwerten (vgl. die Petition v. Zettingen v.
19.0ktober 1729: LA SB 22/3024, fol.57f. u. die Antworten dazu, ebd.).
112 Vgl. die Forstordnung v. lö.Oktober 1729: LA SB 22/4337.
113 Saarbrücker Regierungsbencht v. 25.Mai 1731 zu den Köllertaler Beschwerden: LA SB 22/3434,
fol.27-29 (zit.28v.).
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