Auch und gerade in Nassau-Saarbrücken, wo rund 40% der Landesfläche aus Wäl¬
dern und demnach ein außerordentlicher Holzreichtum bestand199, bildete das Holz
noch während des gesamten 18 Jahrhunderts "die Grundlage der ganzen Wirtschaft
und Kultur"200. Hier machten noch in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts die
Einkünfte aus den landesherrlichen Forsten knapp 30% der Gesamteinnahmen des
Landes und damit den stärksten Posten des fürstlichen Haushalts aus, während die
Einnahmen aus den gewerblich-industriellen Betrieben nur 15% betrugen201. Auch
aus der Verteilung des Waldeigentums, die nur schätzungsweise bekannt ist, wird die
große Bedeutung des Waldes für das Fürstentum ersichtlich. Über 80% aller Waldun¬
gen waren Eigentum des Landesherm, lediglich einige Gemeinden in der Grafschaft
Saarbrücken konnten zum Teil große Wälder ihr eigen nennen, während die Ge¬
meinden der Herrschaft Ottweüer in der Regel keinen eigenen Wald besaßen202.
Noch im 18. Jahrhundert war die Alltagskultur in Nassau-Saarbrücken ganz ent¬
scheidend geprägt vom Holz: Nicht nur die Landuntertanen betonten immer wieder,
wie sehr ihr Dasein vom Holz bestimmt sei, das sie benötigten für Dachlatten,
Zaungerten, Besen, Kochlöffel usw.203; auch die Bürger der beiden Städte Saar¬
brücken und St. Johann gaben an, daß das Holz der Kern unserer Nahrung sei204.
Wie ging nun die Herrschaft mit dieser zentralen Ressource um? Zuerst wollen wir
in groben Zügen die allgemeine Entwicklung nachzeichnen, die die herrschaftliche
Forstpolitik vom Mittelalter bis zum Ende der Frühen Neuzeit nahm, um den Kontext
herzustellen, vor dessen Hintergrund wir dann die Forstpolitik in Nassau-Saar¬
brücken darstellen und beurteilen wollen.
Schon in der frühen fränkischen Zeit, in den nach der Völkerwanderung aufgezeich-
neten germanischen Stammesrechten, lassen sich zwei Waldbesitzarten nachweisen:
der im Bereich der Frühsiedlung befindliche Gemeinschaftswald und der Königs¬
wald205. Die ausgedehnten besitzlosen Waldgebiete der damaligen Zeit wurden von
den fränkischen Königen aufgrund römisch-rechtlicher Anschauungen in Anspruch
genommen, so daß schon zu Beginn des Mittelalters der Königswald die bedeutend¬
ste Waldbesitzart darstellte. Mit dem Sinken der königlichen Macht und dem Auf¬
streben weltlicher und geistlicher Landesherrschaften ging der königliche Wald
gegen Ende des Mittelalters in den Besitz der Territorialherren über, die im Zuge
ihres allumfassenden Herrschaftsanspruches die unklaren Rechtsverhältnisse der
199 Karbach, Bauernwirtschaften, S.32.
200 Collet, Wirtschaftsleben, S.33.
201 Vgl. Läufer, Wald, S.3; s.a. die Einnahmepositionen für das Jahr 1763 bei Klein, Staatshaushalt,
S.246f.
21,2 Vgl. Karbach, Bauernwirtschaften, S.33; Collet, Wirtschaftsleben, S.27; Läufer, Wald, S.3.
203 Vgl. die Petition der Köllertaler vom 13.April 1730: LA SB 22/2309, S.81 -104, besonders die Punkte
10-12.
204 Petition der beiden Städte vom 12.Juli 1730: LA SB 22/2865, fol. 81-85 (zit. 82r,).
205 Das Folgende nach: Hasel, Waldbesitz, S.77-95.
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