E.
Die Ausformung räumlicher Sozialbeziehungen
in Malstatt-Burbach, Diedenhofen und Esch/Alz. :
Viertelbildung zwischen Mobilität und Sesshaftigkeit
Die Quantität und die Qualität der Wanderungsbewegungen, welche im vorangehenden
Kapitel ausführlich dargelegt wurden, werfen Fragen auf nach den Folgen der Migrationen
für das sozialräumliche Gefüge der Städte.
In welchem Ausmaß und in welcher Lage zum alten Ortskem wurde erstens das
Besiedlungsterrain der untersuchten Gemeinden ausgeweitet, und inwiefern kam es zwei¬
tens zur räumlichen Abgrenzung seitens der am Zuzugsgeschehen beteiligten Sozialgrup¬
pen?
Wie hoch war der Grad der sozialen Durchmischung in den Industriestädten? Ist für die
Untersuchungsperiode in der Regel ein Viertelbildungsprozeß zu unterstellen, so daß
bestimmte Straßenzüge schwerpunktmäßig in der Hand einzelner Berufsgruppen oder
Landsmannschaften waren? Möglicherweise ergab sich die gesellschaftliche Differenzie¬
rung in stadttopographischer Hinsicht eher vertikal, denn horizontal, in dem Sinne, daß
beispielsweise Kaufleute, Verwaltungsangestellte und Arbeiter in derselben Straße oder
gar im selben Haus wohnten, wobei sich deren sozialer Status nur in der Lage der
Wohnung innerhalb des Hauses (Erdgeschoß, "Belle-Etage", Dachgeschoß) ausdrückte.
Schließlich bleibt noch zu erörtern, wie lange überhaupt Wohnraum in der Regel genutzt
wurde.
Die Leitfragc im folgenden lautet ganz allgemein: Nach welchen Mustern vollzog sich
innerhalb der Städte die Aneignung und Ablegung von Wohnraum während der wan¬
derungsintensiven Hochindustrialisierungsperiode?
a) Die Frequentierung und Expansion des Stadtraumes infolge der Zu¬
zugsmobilität
In allen drei Untersuchungsgemeinden kam es sowohl zu einer Verdichtung als auch zu
einer bedeutenden Ausdehnung der vor der Industrialisierung bestehenden Siedlungs¬
flächen.1
Nach Gründung des Hüttenwerks (1856) wuchsen die beiden Dörfer Burbach und
Malstatt rapide aufeinander zu. Ansatzpunkte waren die beiden Ortskeme rechts und
links der Industrieanlagen, welche sich einerseits verdichteten und andererseits räumlich
auf den Industriebetrieb hin orientierten. Später fand die Stadt Malstatt-Burbach Anschluß
an die ’’Neustadt'’ des Nachbarortes St.Johann mit dem Bahnhofsviertei und der
1 Vgl. die schematischen Kartendarstellungen in Abb.27-29,S.214f.
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