Malstatt-Burbach in der Krisenphase ab 1876 ausnahmslos rückläufig gestaltete, verdop¬
pelte gleichzeitig das oldenburgische Fürstentum seinen Immigrationsanteil im Vergleich
zur vorhergehenden Phase und behielt auch in den 1890er Jahren einen fast 25prozentigen
Zuzugsanteil, welcher erst nach 1900 stark zurückging. Oder hatte sich in diesem Falle
ein spezifisches Zusammenspiel zwischen der regionalen Wirtschaftsentwicklung, dem
Wanderungsverhalten anderer Landsmannschaften und der verkehrstechnischen Er¬
schließung Birkenfelds ergeben? Auch diese Frage muß vorerst offen bleiben.
Das Wanderungsgeschehen mit der Pfalz betraf in erster Linie die westpfälzischen
Bezirksämter (= Kreise)109 Zweibrücken, Homburg, Kaiserslautern und Kusel. Die
Vorderpfalz bereicherte den Wanderungsumschlag insgesamt gesehen kaum. Die
Migrationsanteile aus diesem Bereich waren über den Untersuchungszeitraum hinweg
tendenziell rückläufig. Die meisten Wanderungsfälle ereigneten sich zwischen Malstatt-
Burbach und dem Bezirksamt Zweibrücken, zu dem das ab 1902 eigenständige und nach
1920 dem Saargebiet zugeschlagene Bezirksamt St.Ingbert zählte. Die Zu- und Abzugs¬
quoten dieses Bezirksamtes bewegten sich konstant auf einem Niveau von 40 bzw. 50
Prozent der pfälzischen Wanderung. Ungefähr um die Hälfte schwächer flössen die Wan-
derungsströme zwischen dem sich damals bis dicht vor die "Tore" Kaiserslauterns er¬
streckenden Bezirksamt Homburg und der Hüttenstadt. Dabei retardierte der Zustrom
aus dem Bezirksamt Homburg interessanterweise zwischen 1876 und 1900, d.h. in den
beiden Phasen, als sich der ansonsten sehr bescheidene Bevölkerungsaustausch mit dem
Bezirksamt Pirmasens (Herzugsrang 5) recht intensiv anließ. Das Gewicht derjenigen
Immigranten in Malstatt-Burbach, welche das Bezirksamt Kaiserslautem hinter sich
gelassen hatten, war prozentual einem kontinuierlichen Wachstum unterworfen, während
die Abflußquoten ständig fielen. Der Kreis um die westpfälzische Metropole wurde somit
zusehends eine Rekrutierungsbasis für die Einwohnerschaft der saarländischen Gemeinde,
den Stellenwert des Bezirksamtes Zweibrücken aber keinesfalls antastend. Hier dürften
die im Trierer Kontext schon einmal angesprochenen besonderen Beziehungen von regio¬
nalen Zentren untereinander eine Rolle gespielt haben. Sicherlich führte der Weg vieler
pfälzischer Migranten über das Regionalzentrum Kaiserslautem in die Industriezone an
der Saar. Möglicherweise läßt sich das Phänomen zeitweilig ausbleibender und nachfol¬
gend wieder vermehrter Zuzüge aus den Bezirksämtern Homburg und Pirmasens über
die Entwicklung des Kaiserslautemer Arbeitsmarktes erklären. Führte die Wande-
109 Der Begriff Kreis bezeichnete im Königreich Bayern die Regierungsbezirke, während die
unteren Verwaltungseinheiten ab 1862 als Bezirksämter (zuvor: Landkommissariate) geführt
wurden. So büdete beispielsweise die bayerische Rheinpfalz den Rheinkreis, welcher 1837 in
Pfalzkreis umbenannt wurde und dessen Verwaltungszentrale in Speyer lag. Die Bezirksämter
entsprachen den preußischen oder auch reichsländischen Kreisen. Die Bezeichnungen Bezirksamt
und Kreis sind daher im vorliegenden Text analog zu verstehen.
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