zuvor hatte die VSE, vertreten durch Dr, Neikes und verschiedene Partei- und Gewerk¬
schaftsmitglieder, in einer Besprechung in München dem Geheimen Rat Jolas der baye¬
rischen Staatsregierung mitgeteilt, daß die VSE bereit sei, einen von einer Schweizer
Bankengruppe zugesagten Kredit in Höhe von 5 Mio Schweizer Franken den Pfalzwer¬
ken, teilweise als Darlehen, teilweise gegen Überlassung von Pfalzwerke-Aktien wei¬
terzugeben. Einzige Bedingung war der Verzicht auf die Vergrößerung des Kraftwer¬
kes Homburg und Überlassung derjenigen Abnehmer der Saarpfalz, die von den Pfalz¬
werken nicht beliefert werden konnten297. Neikes notierte nach diesem Gespräch,
daß der Aufsichtsratsvorsitzende der Pfalzwerke, Mahla, objektiv gegenüber der VSE
sei, die Vorstandsmitglieder Hergt und Bayer dagegen „entschiedene Freunde der
Rheinelektra und des RWE und sonach Gegner der VSE“.
Mit dieser Einschätzung lag Neikes wohl richtig. Am 09.12.1931 hatte Bayer vor dem
pfälzischen Kreisausschuß verkündet, daß dieser sich sofort zu einer Kapitalerhöhung
um 5 Mio RM entschließen müsse, um den entsprechenden Auslandsverpflichtungen
der Pfalzwerke gerecht werden zu können. Geld sei aber nur von der Rheinelektra zu
bekommen, die ihrerseits die Bedingung stellte, die Aktienkapitalerhöhung nur mitzu¬
machen, wenn sie der Verpflichtung zur Rückgabe ihres Aktienpaketes enthoben
würde, wie es der Gründungsvertrag der Pfalzwerke ausdrücklich festgehalten hatte.
Die Möglichkeit, Geld von der Saar zu erhalten, verneinte Bayer bzw. tat dies als zu
unsicher ab298. In der (pfälzischen) Öffentlichkeit keimte daraufhin immer stärker der
Verdacht auf, daß „bei diesem Vorgehen sich wieder Einflüsse des hinter der Rhein¬
elektra stehenden RWE abzuzeichnen beginnen, das den Ring der elektrowirtschaftli-
chen Abschnürung der Saar, die ihm teilweise gelungen ist, nun vollständig zu schlie¬
ßen anscheinend beabsichtigt“299. Verdachtsmomente in dieser Richtung waren in
der Tat festzustellen: So führte RWE-Direktor Koepchen im Aufsichtsrat der Pfalz¬
werke beispielsweise aus, daß das geschilderte Vorgehen der VSE den Pfalzwerken ge¬
genüber das genaue Gegenstück der Ereignisse sei, wie sie im Versorgungsgebiet im
RWE stattgefunden hatten. Den Kampf der VSE gegen das RWE habe seine Gesell¬
schaft seit etwa einem Jahr hinter sich. Das RWE habe genau dasselbe erlebt, was hier
zum Ausdruck gekommen sei. Obwohl ein Demarkationsabkommen abgeschlossen
war, habe die VSE dagegen gehandelt. Er warnte davor zu glauben, „daß wenn die Ver¬
treter der Preußischen Regierung oder der Herr Generaldirektor Frank Erklärungen
abgeben, daß diese auf die VSE irgendwelchen Eindruck machen ... Die Vermengung
der nationalen mit wirtschaftlichen Fragen durch die VSE ist unerträglich. Unerträg¬
lich ist es auch, daß man diejenigen Leute, die nicht mit beiden Beinen hineinspringen,
als antinational hinstellt... Die Hilfe für die Saar ist auch Sache des Reiches und nicht
der benachbarten Elektrizitätswerke. Wir wollen allein die Kosten für diese das ganze
Reich angehende Sache nicht tragen. Wir haben auch keine Veranlassung, die den eige¬
297 Ebd., 13.01.1932.
298 Ebd. T 21 Nr. 156, 09.12.1931.
299 Neue Pfälzische Landeszeitung v. 20.01.1932, LA Speyer H 3 Nr. 10670; Koepchen war
gegen den Willen von Pfalzwerken und Kreis vom RWE in den Aufsichtsrat delegiert wor¬
den, „wodurch man mit der Rheinelektra und dem RWE nunmehr verheiratet sei“, wie
ein Mitglied des Kreisausschusses feststellte (LA Speyer T 21 Nr. 156, 09.12.1931).
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