wunden. Der Grundstein zu dieser nunmehr harmonischen Korrelation wurde zwar
schon in der Zeit des Völkerbundregimes gelegt, ihre eigentliche Fundamentierung er¬
folgte aber erst in der Zeit zwischen 1945 und 1955, womit hier, ohne diese oft geschol¬
tene Ära rechtfertigen zu wollen, ihre bildungsgeschichtliche Bedeutung für das Saarland
nochmals unterstrichen werden soll. Der besonders in der Zeit von Straus stark spürbare
Wille, das Bildungswesen an der Saar um einer gesicherten staatlichen Existenz willen auf
ein hohes Leistungsniveau zu führen und mit dem Ausbau eines akademischen Systems
strukturell zu vervollständigen, hat dazu geführt, daß die Saar zum Zeitpunkt ihrer Rück¬
kehr zur Bundesrepublik in bestimmten Bildungsbereichen gegenüber anderen Ländern
sogar überlegen war.
Zu erwähnen wäre hier das Gymnasium, das damals an der Saar einen ungewöhnlich
hohen Leistungsstand erreicht hatte65 und der berufsbildende Sektor, der vor dem Hinter¬
grund einer wachsenden Zahl von Vollzeitschülern zu einem lückenlosen Netz erwerbs¬
orientierter Ertüchtigung ausgebaut werden konnte66 67. In Einzelbereichen konnte die Saar,
weil sie aus Vorgaben der Hoffmannzeit schöpfen konnte, sogar die Vorreiterrolle eines
bildungspolitischen Fortschritts übernehmen. So konnte Kultusminister Röder im Jahre
1959 stolz verkünden, daß die Einrichtung des Abschlußjahres an der Volksschule und
die Einführung des Französischen nach dem 4. Grundschuljahr ... sich inzwischen so be¬
währt (haben), daß auch andere Bundesländer sich mit dem Gedanken tragen, diese Ein¬
richtung in ihrem Lande einzuführen61. Vor allem die Idee der allgemeinen Fremdspra¬
chenschulung, die man in den Jahren bis 1955 an der Saar sicherlich nicht nur aus Einsicht
in eine zeitgemäße Bildungsaufgabe zu verwirklichen gesucht hat, darf als bemerkens¬
wertes Erbe saarländischer Bildungsgeschichte herausgestellt werden. Wenn sie auch in¬
folge des neuen saarländisch-französischen Kulturabkommens vom 26. Oktober 1956
und aufgrund vorhandener Aversionen gegen überzogene Anforderungen des französi¬
schen Unterrichts in der Vergangenheit vorübergehend etwas bedrängt wurde, so hat das
saarländische Beispiel doch zu ihrem Durchbruch in Deutschland in den sechziger Jahren
beigetragen. Mit dieser Feststellung wird die anders gelagerte Motivation, nämlich die Si¬
cherung eines durchlässigen Schulsystems im Interesse offener Bildungschancen für alle
Kinder, nicht übersehen. Das Saarland mußte in der allgemeinen Fremdsprachenschulung
allerdings eine Sonderrolle übernehmen, da die übrigen Bundesländer sie entsprechend
dem Düsseldorfer Abkommen konsequenterweise auf das Englische ausrichteten. Im
Schuljahr 1961/62 nahmen übrigens 8 063 saarländische Volksschüler am freiwilligen
französischen Unterricht teil. Das waren immerhin gut 20 v. H. aller Schüler von der
fünften Klasse an68. Wenn man bedenkt, daß sie nur dann zur Fremdsprachenschulung
zugelassen wurden, wenn sie in den Fächern Deutsch und Mathematik mindestens die
Note „befriedigend“ erreichten, dann war das sogar eine respektable Bilanz, die auf Inter¬
65 Die besondere Leistungsfähigkeit des saarländischen Gymnasiums nach 1955 bestätigt selbst K.
The wes in seinem kritischen Beitrag über das höhere Schulwesen im Saarland. Vgl. dort vor
allem S. 270 f.
66 Vgl. im einzelnen A. Brengel, Wirklichkeit, passim. Siehe auch Berufsbildendes Schul¬
wesen, Saarland 1962 — 1972. (Im Quellen- und Literaturverzeichnis unter B I, 8. zu finden).
67 F. J. Röder, S. 22.
68 Vgl. dazu Regierung, Fünf Jahre, S. 10 (Im Quellen-und Literaturverzeichnis unter B 1,5. zu
finden).
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