mit höchstens 2 Millionen Seelen, d. h. im Durchschnitt 8—9 Kopf pro km1 2.1 Das
war z. B. ein Viertel der damaligen Bevölkerungsdichte von Frankreich. Das Land
hatte nur einige größere Städte im westlichen Sinne und auch von denen bildeten die
Bergstädte fast die Hälfte. Handwerk und Handel waren wenig entwickelt, nur der
Gold-, Silber- und Kupferbergbau war gut organisiert und leistungsfähig. Man produ¬
zierte große Überschüsse an Wein und Ochsen, die mit beträchtlichem Gewinn nach
Westen und Norden ausgeführt wurden2 und deren Export auch die türkische Besat¬
zung nicht verhindert hat. Das türkisch besetzte Gebiet hatte eine Ausdehnung von
80—100 000 km2, während der dem Haus Habsburg zugefallene Rest des Ungari¬
schen Königreichs ungefähr 90—100 000 km2 ausmachte.
Ungarn als Kriegsschauplatz
Die historische Lage, die sich so entwickelt hat, — von 1541 bis 1686 bzw. 1718
— machte aus Ungarn für fast zwei Jahrhunderte lang einen Kriegsschauplatz. Die
„Pax Turcica“ als wahrzunehmende Situation, existierte überhaupt nicht, der offiziell
anerkannte Frieden war nur soweit vom Kriegszustand zu unterscheiden, daß es keine
groß angelegten Belagerungen und keine Entscheidungsschlachten der beidseitigen
Heere gegeben hat. Der Frieden bedeutete aber die tägliche Ausplünderung der jen¬
seits der Grenze liegenden Gebiete und die Erzwingung eines regelmäßigen Tributs
von der dort lebenden Bevölkerung für die fremde türkische Macht. Der Krieg war
gleich mit dem Durchmarsch großer Armeen, die im Westen eingesetzt wurden, der
Frieden aber mit dem ununterbrochenen Kleinkrieg d. h. Brandschatzung, Verwü¬
stung und Sklavenraub identisch.
Strategisch gesehen bedeutete die Besetzung Ungarns die Sicherung des Donautals.
(Abb. 1) Das Donautal war nämlich der einzige Aufmarschweg nach Westen, der die
Verproviantierung des Masse des türkischen Heeres überhaupt ermöglichen konnte.
Auf finanziellem Gebiet erwies sich die Eroberung Ungarns für die Türken als völlig
nutzlos. Die Zahlungsbilanz war katastrophal: z. B. das Schatzamt zu Ofen hatte für
das Jahr 1554 eine Einnahmequote von 6,3, für 1555 von 8,8 Millionen Aqce.
Gleichzeitig machten die Auslagen, die bis 95 % von miltärischen Bedürfnissen be¬
stimmt waren, die Summe von 23,3 bzw. 23,5 Millionen Aqce aus. „Die Auslagen der
neuen Provinz waren somit wesentlich größer, fast dreimal so groß, wie die Fiskalein¬
künfte ihres Gebiets3.“ Die Verwaltung der Ofner Provinz mußte ununterbrochen auf
die Geldüberweisungen des Reichsschatzamtes zu Istambul angewiesen sein. Da die
Okkupation Ungarns für die Türken eine dauerhafte und schwere finanzielle Bela-
1 Istvän N. Kiss, La population du Royaume de Hongrie de 1550 ä 1707. Cahiers d’Histoire
(Lyon) 24: 1979 . No 2. S. 3—16. Das Gebiet des historisch ungarischen Königreichs war 325
tausend km2; wir rechnen nur mit dem Kerngebiet, ohne die Nebenländer Transylvanien
(60 000 km2), Kroatien (50 000 km2) und Banat (30 000 km2).
2 Istvän N. Kiss, Der Agrarcharakter des ungarischen Exports vom 15. bis 18. Jahrhundert, in
Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1978. I. S. 147—169. Istvän N. Kiss, Die Bedeutung der
ungarischen Viehzucht für Ungarn und Mitteleuropa vom 16. bis zum 18. Jahrhundert,
in: Internationaler Ochsenhandel (1350—1750), ed. E. Westermann. Stuttgart 1979,
S. 83—123.
3 L. Fekete, — Gy. Käldy, Rechnungsbücher türkischer Finanzstellen in Buda (Ofen),
1550—1580. Budapest, 1962. S. 668—672. Den weiteren Gang der Überweisungen nach
Ofen dokumentieren Fekete und Käldy Nagy reichlich in ihrem Buch. S. 772 Fußnoten.
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