gerlicher Provenienz aufwies, und zwar einerseits wegen der im Adel verbreiteten
Aversion gegen handwerklich-technische Tätigkeit, andererseits wegen der Notwen¬
digkeit, bei Auswahl und Beförderung der Offiziere technischer Truppen unbedingt
auf dem Nachweis mathematischer Kenntnisse und technischer Fähigkeiten zu beste¬
hen, d. h. die für andere Waffengattungen generell als akzeptabel angesehene Vorstel¬
lung zurückzuweisen, daß ein Defizit an Kenntnissen, Bildung und intellektuellem
Vermögen durch beim Adel mehr als bei anderen Ständen vorausgesetzte charakterli¬
che Qualitäten kompensiert werden könne18. Diese Widerstände gegen Vaubans Be¬
förderung sind, obwohl er selbst dem Adelsstand angehörte, symptomatisch für den
zu seiner Zeit sich anbahnenden und danach zunehmend verschärften Gegensatz zwi¬
schen Adel und Bürgertum im absoluten Staat, zwischen dem Privileg der Geburt
sowie Kenntnissen und Bildung als Kriterien der Selektion für Zulassung und Aufstieg
in staatlichen Ämtern sowie der Reputation in allen Bereichen des gesellschaftlichen
Lebens. In der Militärgeschichte anderer Staaten finden sich — bis in die jüngste
Vergangenheit und zumal in Deutschland — ähnliche, auch soziale Gegensätze reflek¬
tierende Widerstände gegen eine Anerkennung von Bedeutung und Leistung techni¬
scher Truppen.
Im 18. Jahrhundert wurde Vaubans Ruhm dann, begünstigt durch die wachsende
Bedeutung des Festungskrieges und die hervorragende Stellung des Corps du Génie in
der französischen Armee von Jahrzehnt zu Jahrzehnt größer, kulminierend schließlich,
nicht zuletzt dank des Einflusses des ihm als Persönlichkeit wie im Verständnis beruf¬
licher Pflichten durchaus vergleichbaren Carnot, in den Jahren der Revolution und des
Empire, als ihm im Dôme des Invalides ein Platz neben Turenne eingeräumt wurde19.
Warum sollte man auch heute, nicht in einem Eloge, sondern im Rahmen einer kri¬
tischen historischen Würdigung Vauban „ingénieur de France“ nennen?
Zunächst weil er als der eigentliche Gründer des Corps du Génie gelten kann,
ungeachtet der Tatsache, daß bereits seit 1604, eingeführt von Sully als surintendant
des fortifications, ein brevet d’ingénieur vergeben wurde, und ungeachtet auch der
Tatsache, daß diese Ingenieuroffiziere erst Mitte des 18. Jahrhunderts, lange nach
Vaubans Tod, mit ihrer Separation von der Artillerie (1758), in einem selbständigen
Korps vereint wurden, gleichzeitig etwa mit der Begründung von Waffenschulen für
Ingenieure, so 1748 in Mézières, als minimale Leistungsanforderungen definierende
und examinierende sowie die Bildung eines spezifischen Korpsgeistes fördernde Insti¬
tutionen.
Obwohl Vauban die Ingenieuroffiziere als geistige Elite der Armee, als les martyres
de l'infanterie und ihren Einsatz im Festungskrieg als le plus dangereux métier de la
guerre bezeichnet20, obwohl er Maßnahmen vorgeschlagen hat, die ihren Zusammen¬
halt festigen sollten, so den Erlaß einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung und re¬
gelmäßige Treffen im Ministerium zur Diskussion aller jeweils anstehenden Projekte
im Festungsbau21, konnte bzw. wollte er nichts an der primären Zugehörigkeit zu
18 Vauban II, S. 561; vgl. Rebelliau, S. 440.
19 Vauban I, S. 40 f.
20 Vauban I, S. 317, vgl. S. 229, 304 sowie II, S. 298.
21 Vauban I, S. 227, 230.
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