tbum die Krallen ganz gehörig beschnitten werden. Daß mit der längst schon verheiße¬ nen Sozialreform endlich einmal begonnen, ein wahrhafter Arbeiter schütz geschaffen, die Kinderarbeit beseitigt und der 8-Stundentag eingeführt werde“9 10. Insbesondere die letztere Passage war so formuliert, daß sie von nahezu allen RSV-Mit- gliedern unterschrieben werden konnte. Wenn die Sozialdemokratie im Saarrevier überhaupt festen Fuß fassen wollte, mußte sie den Schwerpunkt der Agitation auf die Gewinnung der Bergleute legen und an den Erfahrungen der elementaren Bergarbeiter¬ bewegung ansetzen. Bereits im Januar 1892 entwickelte Emmel ,,eine große Rührigkeit in der Agitation“. In Jägersfreude verweigerte man ihm zwar die Wirtshaussäle, eine Versammlung in Herrensohr wurde ,,durch die Gegener der Sozialdemokratie — mei¬ stens Bergleute — dadurch gesprengt, daß sie unaufhörlich Seine Majestät hochleben lie¬ ßen“ , doch am 24. Januar konnte er in Dudweiler erstmals unter Beifall über die ,,Lö¬ sung der sozialen Frage“ referieren11" und sich von dieser Versammlung zum rheini¬ schen Provinzialparteitag in Koblenz am 31. Januar 189211 delegieren lassen. Damit lö¬ sten sich die Sozialdemokraten im Saarrevier endgültig von der pfälzischen Parteiorga¬ nisationl2. Mit dem Krefelder Krawattenfabrikanten Carl Wesch13 14 kam im Februar 1892 ein wei¬ terer populärer Sozialdemokrat ins Saarrevier — ,,ein äußerst gewandter Redner, der Braun und Schröder und wie die berühmten Hetzer alle heißen, bei Weitem in der Re¬ defertigkeit übertrifft“14. Wesch gab sich als abgelegter Bergmann aus dem Ruhrgebiet aus, der auf Veranlassung Schröders hier spreche 15. In der Tat bestätigte das Verbands¬ organ, daß er zur ,,Aufklärung“ und ,,politischen Belehrung“ ins Saarrevier entsandt sei16 17. Im Gegensatz zu Schröder im Herbst 1891 hielt sich Wesch bei seinen Auftritten in Püttlingen, Sulzbach, Dudweiler, Altenwald, Bildstock, Spiesen, Ensdorf, Quier¬ schied, Schiffweiler und Merchweiler1 nicht an den gewerkschaftlichen Rahmen. Statt dessen entwickelte er die Grundthesen des ,,Erfurter Programms“ und forderte of¬ fen zur Unterstützung der Sozialdemokratie beim nächsten Wahlgang auf. In allen Re¬ den attackierte er die auch für viele RSV-Aktivisten obsolet gewordenen Hoffnungen 9 Bote von der Saar vom 27. 12. 1891 (Probenummer). 10 LR Bake/SB an RP vom 28. 1. 1892, Konzept KrASB S/7, Ausfertigung LHAK 442/4376. PK Wetzel an BM Petermann/Dudweiler vom 11.1.1892, Abschriften LHAK 442/4274 und 403/ 6835, 307 f. 11 Außerdem nahm der Sulzbacher Isengard als Saardelegierter teil. Vgl. KAZ vom 3. 2. (Nr. 10) und 6. 2. 1892 (Nr. 11). Polizeidirektor Brühl/Koblenz an RP/Koblenz vom 4. 2. 1892, LHAK 403/6835, 383 -385. (Gewehr), S. 10-12. 12 In Anwesenheit Emmels beschloß der 3. pfälzische Arbeitertag am 5./6. Juni 1892 in Kaisers¬ lautern die Bildung eines eigenen Agitationskomitees für die Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen. Vgl. Bezirksamt Kaiserslautern an RP/Speyer vom 7. 6. 1892, LASP H 3/929/II. E. Schnei¬ der, S. 144 f. H er zog, S. 75 f. Bereits am 22. Februar 1891 hatte sich ein ,,Sozialdemokra¬ tischer Agitationsverein für die Westpfalz, umfassend die Wahlkreise Kaiserslautern-Kirch¬ heimbolanden, Zweibrücken-Pirmasens, Homburg-Kusel“ konstituiert. Vgl. Bezirksamt Kai¬ serslautern an Bezirksamt Kusel vom 5. 3. 1891, LASP H 38/365. 13 Vgl. Bers/Klöcker, S. 36, 87, 96, 122. Hellfaier: Probleme, S. 207 — 209. Im März 1888 wies der Düsseldorfer Regierungspräsident Berlepsch die Polizeibehörden an, Versamm¬ lungen bei einem Auftreten Weschs gemäß § 9 des Sozialistengesetzes zu verbieten, HStAD, Best. Regierung Düsseldorf, Polizei, Nr. 8851, 23. 14 Gemeindesekretär Peters an BM Pickard/Püttlingen vom 29. 2. 1892, Abschrift KrASB S/7. 15 PK Werbelow/Sulzbach an LR vom 4. 3. 1892, KrASB S/6, Abschriften LHAK 442/4376 und 403/6835, 491 -501. 16 Zeitung der deutschen Bergleute vom 26. 3. 1892 (Nr. 13). 17 Versammlungsberichte KrASB S/6 und S/7, Abschriften meist LHAK 442/4376 und 403/ 6835. 263