festgelegten Grundsätze als äußerst dauerhaft. Die Grundlagen der Ordnung
von 1586148 scheinen auch unter den teilweise veränderten Verhältnissen an
der Wende des 17. zum 18. Jahrhundert volle Gültigkeit besessen zu haben.
Eine zweite Gemeinsamkeit von Rats- und Schreibstube ergibt sich bezüglich
der Einschränkung des Zuständigkeitsbereichs: Wurde die Landesregierung
durch die Errichtung weiterer Zentralbehörden in ihren Kompetenzen zuneh¬
mend eingeschränkt, so war dies auch bei der Schreibstube der Fall, besonders
durch die Errichtung der Kammerkanzlei.
IV Vorläufiger Abschluß
1. Die Entfaltung der gemeinen Sphäre und die Ausbildung der geheimen Sphäre
als Ergebnis fortschreitender Spezialisierung
Die wachsenden Bedürfnisse des entstehenden modernen Staates, die Erforder¬
nisse einer geordneten Rechtsprechungs- und Verwaltungstätigkeit zwangen
zunächst zu einer Bestellung der Kanzleigeschäfte durch mehrere gelehrte Räte
und veranlaßten schließlich die straffere Formierung eines ständigen kollegia¬
len Rates. Doch dies ist bei aller Bedeutsamkeit nur ein Zwischenglied der Ent¬
wicklung gewesen. Dem Grundsatz der Übersichtlichkeit - bei den anschwel¬
lenden Regierungsgeschäften äußerst notwendig - diente der weitere Fort¬
schritt, der darin bestand, daß die Verwaltungsaufgaben in wachsendem Maße
differenziert wurden.
Die Frage nach dem behördengeschichtlichen Differenzierungsprozeß im 16.
und 17. Jahrhundert des Regierungs- und Verwaltungssystems der deutschen
Fürsten in der frühen Neuzeit gehört zu den vielerörterten, letztlich aber in
ihren Einzelheiten ungelösten Problemen der verfassungs- und verwaltungsge¬
schichtlichen Forschung149, Die besonders durch das Vorbild von Gustav
Schmoller in der Einleitung zu den Acta Borussica geprägte allgemeine Vorstel¬
lung ging davon aus, daß der als Behörde verselbständigte Rat des Fürsten - der
Hofrat des 16. Jahrhunderts - die zentrale, umfassende Verwaltungsinstitution
gewesen sei und daß aus dem „zu groß werdenden Collegium” des Hofrats die
anderen Kollegien entstanden seien150. Dieser Ansicht hat zunächst Melle
H8 Siehe dazu die Abschrift der Kanzleiordnung des Pfalzgrafen Johann I, vom 27.
Januar 1586 mit angefügtem Auszug aus der Verordnung vom 25. August 1700, daß
sich das Collegium regiminis bej Ihren Consultationen und Ambsverrichtungen sich nach
der wohl verfaßten und bej vorigere Herzogen Zeiten practizirte Cantzlei-Ordnung zu
richten habe (BayHStA München Staatsverwaltung, Nr. 994c).
149 Eine Zusammenfassung der Literatur gibt muth, Melchior von Osse, S. 134, und ders.,
Der pfälzische Kalvinismus, S. 400-409.
150 schmoller, Behördenorganisation, S. 59 ff.
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