der Erfassung von Interimsflurwüstungen und temporären Flurwüstungen
die Genauigkeit101." — Die Verhältniszahl kommt dadurch zustande, daß
„wüstgewordene" und bestehende Siedlungen miteinander in Beziehung
gesetzt werden. Dabei muß die Formulierung „resistente Siedlungen" näher
betrachtet werden. Einmal kann der Ansatzpunkt der heutige Siedlungs¬
bestand sein, zum andern aber die Anzahl der Siedlungen in der Zeit nach
der Hauptphase des Wüstungsprozesses. Also gibt dieser Quotient „den
Anteil der abgegangenen Orte an der Zahl der für das Mittelalter oder an
der Zahl der insgesamt nachgewiesenen Siedlungen an102."
Bei der Errechnung des Wüstungsanteils an den heute noch bestehenden
Siedlungen teilte man die Zahl der Wüstungen durch die Zahl der heutigen
Siedlungen plus die der Wüstungen:
Da in der Neuzeit also noch Ortschaften hinzugekommen sind (um 1800
finden sich im saarländischen Bereich etwa 580 Wohnplätze), wird dieses
Bild aber verfälscht; denn die Anzahl der Neugründungen darf nicht still¬
schweigend für jeden untersuchten Einzelbereich als gleich angenommen
werden. Im Gegenteil, man wird z. B. in Industrieballungszonen feststellen
können, daß Wohnkolonien wie Pilze aus der Erde schießen und sich schon
nach relativ kurzer Zeit zu selbständigen und unabhängigen Ortschaften
entwickeln. Somit muß man sagen, daß das Ausmaß der seit der Wüstungs¬
periode neu erbauten Orte von Landschaft zu Landschaft wechselt. Die so
gefundene Relativzahl der Wüstungen kann also kein getreues Bild der
Intensität des Wüstungsvorganges in seiner Zeit ergeben. Die
Relativzahl erscheint also klein, soweit der heutige Siedlungsbestand groß
ist; sie erscheint groß, soweit in der Aufbauperiode die zuwachsende Bevöl¬
kerung in die noch verbliebenen Orte zog, die damit zu Großdörfern mit
weiten Feldmarken anwuchsen. Eine weitere Ungenauigkeit ergibt sich
daraus, daß oft nur Gemarkungen und keine Wohnplätze oder abhängige
Siedlungsgebilde in die Betrachtung einbezogen werden. Ebenso kann nicht
ohne weiteres vorausgesetzt werden, daß sich Neugründungen der jüngsten
Zeit mit Eingemeindungen und Zusammenschlüssen (also mit der Siedlungs¬
konzentration) die Waage halten. Hinzu kommt, daß man bisher die Hof¬
siedlungen ebenfalls meist nicht berücksichtigte. Man zählte zwar Hof¬
siedlungen, die inzwischen Dörfer geworden waren, hinzu, ließ aber die
wüsten Höfe der Wüstungsepochen völlig außer acht. Diese Fehlerquellen
machen einen qualitativen Vergleich unmöglich.
161 M. B o r n , Wüstungsschema und Wüstungsquotient, S. 215.
162 W. Abel, Wüstungen in historischer Sicht, in: Wüstungen in Deutschland,
ein Sammelbericht, Frankfurt 1967, (= ZAA, Sonderh. 2, S. 1—16).
= 0,42
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