sogenannte „positive Siedlungsperiode" vom 11. Jh. bis zum 13. Jahr¬ hundert war also von einer Reihe von Wüstungen begleitet187. Vor 1200 gibt es in den schriftlichen Quellen kaum Hinweise auf Wüstungen. Dies hängt jedoch mit der Quellensituation zusammen, da die schriftliche Über¬ lieferung erst im 12. bzw. 13. Jahrhundert in breiter Front einsetzt188. Um diese Wüstungen vor 1200 zu ermitteln, können archäologische Beobach¬ tungen und Funde, aber auch das Flurnamenmaterial helfen. K. Böhner hat festgestellt, daß zahlreiche fränkische Siedlungen abgegangen sind. Nur etwa zwei Drittel der fränkischen Hofstätten haben sich zu heutigen Sied¬ lungen entwickelt. Gründe und Zeitpunkt der Aufgabe sind noch unbekannt. Dabei handelt es sich durchaus nicht nur um abgelegene und ärmliche Hof¬ stätten. Vielfach könnten Heirat und Tausch usw. der Grund des Auflassens gewesen sein189. Zu dieser frühen Periode sind die Macherorte, aber auch eine Reihe von -ingen, -dorf und -weiler-Siedlungen, die in den Urkunden nicht mehr auftauchen, zu rechnen. Vor 1400 dürften im saarländischen Bereich über 160 Siedlungen wüstgefallen sein. Darunter zählen nur sieben Einzelsiedlungen (Bartenberg, Einöd, Fulenbach, Hahnhausen, Herrenstein- furt, Solbach, Wedscheid). Etwa ein Dutzend der großen Zahl ist unsicher. Vor 1450 wurden nochmals schätzungsweise 22 Gruppensiedlungen und vier Einzelsiedlungen (Blasiusberg, Durrenbach, Reitscheid und Wiebels- berg) wüst. Etwa 85 Gruppensiedlungen und 6 Einzelsiedlungen dürften noch vor 1500 in Abgang geraten sein. Wahrscheinlich ist ein gewisser Anteil davon schon früher wüst. Dies läßt sich jedoch nicht exakt nach- weisen. Dasselbe gilt für weitere vierzig Gruppensiedlungen, deren Abgang vor 1550 angesetzt wird. Eine neue Periode wird durch den Anstieg der wüstgewordenen Einzelsiedlungen nach 1550 bzw. 1600 signalisiert. Nur noch etwa 13 Gruppensiedlungen scheinen zu dieser Zeit verlassen worden sein. Der Dreißigjährige Krieg bringt zwar große Verwüstungen mit sich; jedoch gehen nur fünfzehn Dörfer unter (drei temporär). Im Jahre 1677 fallen Niederweiler und Spicksei wüst. Der Verlust von Einzelsiedlungen ist ebenfalls bis 1800 weiter rückläufig. Die Zahl der Gruppensiedlungen hat sich stabilisiert. Neben der frühmittelalterlichen, der spätkarolingischen und der hochmittel¬ alterlichen Wüstungsperiode schält sich die Hauptphase der Gruppen¬ siedlungen vom 14. und 15. Jahrhundert heraus. Uber 80 Prozent aller 187 W. Abel, Wüstungen in historischer Sicht, S. 2 f. — Ders., Wüstungen, formulierte noch 1955 (S. 10): Das ausgehende Mittelalter umschließt das Kernproblem der Wüstungsforschung. 188 W. Janssen, Mittelalterliche Dorfsiedlungen, S. 351: „Denn die zufällig archäologisch untersuchten Siedlungen bilden nur einen verschwindend kleinen Anteil der insgesamt zu erwartenden Wüstungen des 11./12. Jahrhunderts." 189 K. B ö h n e r, Altertümer, 1. Teil, S. 331. 54