quoniam tempore nostri ducatus n o s t r am quidam vir illustris nomine Aquinus
una cum conjuge sua Adelindi dicta adiit majestatem, ... erweise sich das
Stück als verdächtig. Sowohl die electio Francorum, als auch die Eigenkennzeich¬
nung Friedrichs als majestas genügten, um es abzulehnen. Nun, nachdem die völ¬
lige inhaltliche Integrität durch den anderweitigen Nachweis der in jenem Stück
selbst erwähnten Personen und ihrer Familienzusammenhänge erbracht ist, wird
man jene von ihren Kritikern als „merkwürdig“ bzw. als „verfassungsgeschicht¬
liches Unikum“ bezeichnete und entwertete Urkunde wieder stärker zu beachten
haben. Um eine gänzliche Fälschung kann es sich, da der in ihr erwähnte Perso¬
nenkreis ja in den Remiremonter Einträgen auftaucht und schwerlich von einem
späten Fälscher so exakt zu umreißen war, gewiß nicht handeln. Es wäre lediglich
an eine in den Einleitungsteilen interpolierte Bearbeitung eines echten Stückes zu
denken. Eine Verfälschung der Einleitung allein mit der Tendenz, das Ansehen
bzw. die Unabhängigkeit der Lothringerherzöge zu heben, die man demnach nur
dem Kompilator des Gorzer Kartulars (12. Jahrhundert) zuschreiben könnte, ist
aber schon deswegen unwahrscheinlich, weil dann nämlich eine solche Tendenz
gewiß nicht nur in dieses Stüde eingefügt worden wäre, sondern auch andere Ur¬
kunden ähnliche Verfälschungen erfahren haben würden. Überdies stand ja das
Gorzer Kartular den Lothringerherzögen nicht zur Verfügung, und es ist von
dieser Seite her schon nicht einleuchtend, was ein Fälschen zugunsten der Lothrin¬
gerherzöge bewirken sollte. So kann die Urkunde in der weiteren Forschung wohl
mit weniger Mißtrauen betrachtet werden, als es sich in der letzten Zeit ihr gegen¬
über anbahnte. Und das ist wichtig. Erst in einer zukünftigen Behandlung der
lothringischen Politik Ottos d. Gr. und der lothringischen Herzogsfrage wird sich
der Wert dieser nun ihrerseits durch einen Gedenkeintrag wieder stärker gesicher¬
ten Urkunde erschließen.
Doch zurück zu jener bislang unbekannten Familie! Aquinus war — wie die
zitierte Gorzer Gerichtsurkunde besagt — ein vir illustris. Daß Humbert, Adelin-
des erster Gemahl, ihm nicht nachstand, werden wir später noch sehen. Aber auch
Adelindis hatte edle Vorfahren. Da ihr Vater Ursus schon zu Zeiten des domnus
presul Wigiricus, d. h. zwischen 917 und 927, aus dem Leben schied, kann ihr vor
dem Vater (Ursus) verstorbener Großvater Bivin leicht mit dem gleichfalls in
Gorzer Urkunden zu Ende des 9. Jahrhunderts auftauchenden vir nobilis Bivin
identifiziert werden, der vom Bischof Robert von Metz (883 — 916), dem Vor¬
gänger Wigerichs, die Erlaubnis erhielt, in Doncourt (villa que dicitur Dodonis
curtis) eine Kapelle zu errichten und mit kleinen Einkünften auszustatten9, und
der 895 durch einen Besitztausch diese Einkünfte seiner Stiftung noch einmal
sicherte10. Diese Identifizierung kann umso unbedenklicher vorgenommen werden,
9A. d’Herbomez, Cart. de Gorze S. 140 f. nr. 77. Zur Datierung vgl. ebd.
S. 469 f.
10 A. d’Herbomez, Cart. de Gorze S. 151 f. nr. 84.
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