suchte Bornewasser Kardinalstaatssekretär Pacelli auf. Über die national¬
sozialistische und deutsche Einmischung legte er in dieser Unterredung dar,
„daß die deutsche Einstellung der saarländischen Katholiken so eindeutig
sei, daß sie auch ohne jede Einwirkung deutsch abstimmen würden, obwohl
die Kenntnis so vieler schmerzlicher Dinge, die katholischen Beamten,
katholischen Geistlichen, Vereinen etc. in den vergangenen Monaten in
Deutschland begegnet seien, viel Erbitterung im Saarland hervorgerufen
habe“ 244. Während der Audienz Bornewassers bei Papst Pius XI. sprach
Prälat Kaas mit Testa, der sich gerade zum Aufbruch für seine Saarreise
vorbereitete245. Die Kurie zeigte sich sehr besorgt wegen der Zustände in
Deutschland246, nahm aber eine abwartende und neutrale Haltung ein.
Nicht nur Bornewasser hatte in Rom dargelegt, daß die Saarabstimmung
auf jeden Fall eine große Mehrheit für die Rückgliederung bringen werde,
sondern auch Koßmann hatte bei einem Besuch in Rom im Herbst 1933
dem Kardinalstaatssekretär gegenüber dieselbe Auffassung vertreten247.
In dem Briefwechsel der beiden deutschen Oberhirten von Trier und Speyer
in den Monaten November und Dezember 1933, der von der Mission
Testas und der Saarabstimmung handelte, spiegelte sich zwar Besorgnis über
die Entwicklung in Deutschland248, aber die Bischöfe, insbesondere Borne¬
wasser, hielten grundsätzlich an der Notwendigkeit einer Entscheidung
unter nationalen Gesichtspunkten fest. In einem Brief vom 30. November
1933 drückte Bornewasser eine auch an der Saar verbreitete Meinung aus:
„Was geschieht, wenn 20 bis 30 Prozent für den Status quo stimmen, das
kann freilich kein Mensch wissen. Die Wertung der abgegebenen Stimmen
liegt ganz in der Hand des Völkerbundes“ 249. Mit dieser Haltung des
Bischofs von Trier stimmte die Überzeugung eines Großteils des saarlän¬
dischen Klerus, vor allem aber des Pfarrers Dr. Schlich überein. Das kam
bei einer Dechantenkonferenz am 22. Januar 1934 in Saarbrücken klar zum
Ausdruck250. Man war zusammengekommen, um die Hetze der saarländi¬
schen Nationalsozialisten gegen Schlich und ein Interview, das Spaniol dem
schwedischen Journalisten Vinde gegeben hatte, zu besprechen. Hoffmann
war zu der Konferenz zugezogen worden. Die Geistlichen waren empört,
Hoffmann wurde Dank und Vertrauen für seine Führung der „Saarbrücker
Landeszeitung“ ausgesprochen; das weitere Vorgehen wurde erörtert. Zur
Beurteilung der Lage, der die Mehrzahl der anwesenden Geistlichen zu¬
stimmte, führte Schlich folgende Gedanken aus: Keiner könne die Ver¬
244 Ebenda, fol. 19.
245 Ebenda, fol. 22.
246 Ebenda, fol. 19; außerdem Brief des Kardinalstaatssekretärs Pacelli an den Bischof v.
Trier v. 3. 9. 1934, Bistumsarchiv Trier, Abt. 59, Nr. 43, fol. 1 ff.
247 BA Koblenz, Reichskanzlei, R 43 1/253, Rk 11117, Bericht der Deutschen Botschaft
beim Hl. Stuhl v. 8. 9. 1933.
248 Bistumsarchiv Trier, Abt. 59, Nr. 50, fol. 32 ff.
249 Ebenda, fol. 23.
250 Ebenda, Abt. 59, Nr. 51, fol. 77 u. 89—93, enthält die Niederschrift Schlichs über
diese Sitzung. Das Protokoll stammt vom 23. 1. 1934 und wurde sofort nach Trier
weitergereicht. Die folgenden Zitate und Darlegungen aus diesem Protokoll. Vgl. auch
Anlage 15, unten S. 390.
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