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Die vorgenannten Verflechtungen werden begünstigt durch den in Moselle-Est noch stark verbreite¬
ten rheinffänkischen Dialekt, der jedoch von der jüngeren Bevölkerung immer weniger gesprochen wird.
7.3 Institutioneller Rahmen der Kooperation
Aus den vorgenannten Wechselbeziehungen zwischen dem saarländischen und dem lothringischen
Grenzraum ergeben sich sehr vielfältige Formen der Kooperation im öffentlichen und privaten Bereich,
die zum Teil bis in die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zurückreichen. Im hier darzustellenden
Bereich der kommunalen Akteure überwiegen bilaterale Kontakte und Absprachen sowie informelle,
projektbezogene Arbeitsgruppen und Ausschüsse (s. Kap. 7.4). Bisher können zwei kommunale Gremi¬
en im Grenzraum einen stärker institutionalisierten Grad aufweisen: Das Bürgermeistertreffen sowie die
Interkommunale Arbeitsgemeinschaft.
7.3.1 Bürgermeistertreffen
Das Bürgermeistertreffen findet seit 1977 ein- bis zweimal jährlich als halbtägige Konferenz statt,
die dem direkten Informations- und Erfahrungsaustausch sowie der Koordination grenzüberschreitender
Aktivitäten dient. Neben den etwa 20 teilnehmenden Gemeinden gehören dem Gremium auch die Präsi¬
denten der Distrikte Forbach, Freyming-Merlebach und Sarreguemines sowie der Präsident des Stadt¬
verbandes Saarbrücken (SVS) an. Ferner nehmen die für den grenzüberschreitenden Bereich zuständi¬
gen Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der Kommunen teil (SVS 1997:16f.).
Das Bürgermeistertreffen hat bisher keine formelle Institutionalisierung erfahren. Dies ist in erster
Linie auf eine mangelnde Rechtsgrundlage zurückzuführen, was sich mit der Ratifizierung des Karlsru¬
her Abkommens ändern wird (s.u.). Die Häufigkeit der Treffen läßt jedoch darauf schließen, daß sich
dieses Gremium real bereits etabliert hat. Seit 1978 besteht ein Arbeitsausschuß, der die Treffen organi¬
satorisch und inhaltlich vorbereitet und somit konkrete Arbeitsergebnisse in Form von Beschlüssen und
Selbstverpflichtungen der Kommunen begünstigt. Der Ausschuß wird gebildet von den Generalsekretä¬
ren der drei Distrikte, Vertretern der Städte Saarbrücken und Völklingen sowie des Stadtverbandes.
Von dem Bürgermeistertreffen ging „eine Reihe von Impulsen, Anregungen und Hilfen für die bilate¬
rale Arbeit aus“ (a.a.O.). Ferner wurden gemeinsame Resolutionen zu Themen wie der Rosselver¬
schmutzung und der TGV-Planung im Grenzraum (s.u.) verfaßt.
7.3.2 Die Interkommunale Arbeitsgemeinschaft
Die Interkommunale Arbeitsgemeinschaft (kurz: Interkomm-AG) wurde anläßlich des 20. Bürger¬
meistertreffens 1993 in Völklingen ins Leben gerufen, um gemeinsame Projekte vorzubereiten und zu
realisieren. Sie steht unter der Federführung der Stadt Sarreguemines und des Stadtverbandes Saarbrük-
ken (Amt für Bauen, Umwelt und Planung). Ihr gehören derzeit auf freiwilliger Basis etwa 20 Gemein¬
den und Gemeinde verbände an (s. Abb. 28).
Die Interkomm-AG versteht sich als Kooperationsnetzwerk der Grenzgemeinden im Saar-Rosselle-
Raum, zu dessen ersten Aufgaben die Vorbereitung gemeinsamer Projektanträge im Rahmen der Ge¬
meinschaftsinitiative INTERREG II zählte. So wurden 1994 unter dem Sammeltitel „60 Vorhaben für
eine gemeinsame Zukunft in Europa“ 60 kommunale Projektkonzeptionen vorgestellt und als Förderan¬
träge mit einem Gesamtvolumen von über 60 Mio. ECU eingereicht, von denen bisher jedoch nur weni¬
ge positiv beschieden wurden (SVS/SARREGUEMINES 1994). Hierzu gehörte auch ein Antrag der Stadt
Sarreguemines und des Stadtverbandes auf institutioneile Förderung des Kooperationsnetzwerkes, des¬
sen Geschäftsstelle (Kooperationsbüro) im Umweltamt des SVS bislang von zwei ABM-Kräften unter¬
stützt wurde. Für den Zeitraum 1996-2000 wurden Anfang 1997 (rückwirkend) insgesamt 217.500
ECU aus INTERREG II bewilligt, die Komplementärfinanzierung von ebenfalls 217.500 ECU über¬
nehmen der Stadtverband Saarbrücken und die Stadt Sarreguemines zu jeweils 50 %.