II.
Das Schicksal des Mainzer Zunftwesens
während der ersten französischen Besetzung.
1. Übergabe von Mainz an die Franzosen.
Die rauschenden Feste, die anlässlich der Anwesenheit
des neugekrönten Kaisers Franz II. am 19. Juli 1792 in Mainz
gefeiert wurden, täuschten die Mainzer Bürger. Sie ahnten
nicht die ernsten Beratungen, die hinter verschlossenen
Kabinettstüren geführt und die schicksalsschweren Beschlüsse,
die dort gefasst wurden.129) Als Ergebnis dieser Verhandlungen
erschien das in der Favorite verfasste Manifest. Es war vom
Herzog von Braunschweig unterzeichnet und proklamierte den
Angriffskrieg gegen das revolutionäre Frankreich.
Kaum hatten die hohen Gäste Mainz verlassen, als der
Kurfürst den Befehl zur Mobilmachung der versprochenen
2000 Mann erteilte.130) In aller Eile wurden die Truppen aus¬
gehoben. Die Handwerker waren mit Militäraufträgen über¬
häuft und hatten vollauf zu tun, um bis zu dem festgesetzten
Zeitpunkte fertig zu werden. Am 31. August zog das erste, am
8. September das zweite Bataillon, zusammen 2071 Mann, mit
Geschützen und sonstigen Kriegsgeräten zum Schutze des
kaiserlichen Magazins nach Speyer.
Doch die in Deutschland allgemein gehegten Kriegs¬
erwartungen sollten sich nicht erfüllen.131) Die in der Cham¬
pagne anfangs erfolgreich vorgedrungenen deutschen Truppen
mussten schliesslich den Rückzug antreten. Durch diese Er¬
folge ermutigt, wagten die französischen Generäle, die mit
ihren Truppen nur vier Stunden von Speyer entfernt standen,
120) Dumont: Belagerung der Stadt Mainz S. 7 f. Klein: Geschichte
von Mainz S. 18 ff.
130) Klein: Geschichte S. 22 ff.
1"1) Dumont: Belagerung S. 17 ff. Klein: Geschichte S. 32 ff.