6
einer im Jahre 1780 erfolgten Aufnahme von Haus zu Haus
32 482 Seelen.3) Diese Zahl stieg noch weiter und erreichte
Anfang der neunziger Jahre ihren leider unbekannten Höhe¬
punkt.
Von nachhaltigstem Einfluss auf das Wirtschaftsleben war
weiterhin die gesellschaftliche Schichtung in Mainz. Den
Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens bildete der Kurfürst,
um den sich der der unabhängigen rheinischen Reichsritter¬
schaft angehörende Stiftsadel gruppierte. Seine Mitglieder be¬
kleideten als-Domherren die höchsten-Stellen.im Staatsdienste.
In der Rangordnung abwärts folgte der niedere Adel, dessen
Vertreter Zutritt zu den höheren Staatsämtern hatten. Daneben
beanspruchten sie aber noch die besten Stellen in den von
dem Stiftsadel nicht begehrten Stiftern und in der Armee. Die
dritte Klasse setzte sich zusammen aus der ansehnlichen Zahl
von Beamten, dem sog. „Secundärklerus“, d. h. der niederen
Geistlichkeit, und den Studenten. An letzter Stelle in der
gesellschaftlichen Gliederung folgte der Bürgerstand, besser
Handwerkerstand genannt, dem weder die sog. Beisassen noch
diejenigen, die einer besonderen Gerichtsbarkeit unterworfen
waren, angehörten. Die Zahl der Bürger war im Vergleich
zu der Gesamteinwohnerzahl von Mainz gering. So ergab eine
im Jahre 1771 durch Andreas Crasello beurkundete sog.
Hauptvisitation bei einer Gesamteinwohnerzahl von 26 753
Seelen nur 2236 Bürger.4)
Diese gesellschaftliche Schichtung, für die das Über¬
wiegen eines reichen Adels charakteristisch war, rief neben
einer gewaltigen Vermögensanhäufung einen vermehrten Geld¬
umlauf in Mainz hervor. Die Adeligen umgaben sich mit feu¬
dalem Glanz. Prachtvolle Familiensitze mit glänzenden Innen¬
ausstattungen Hessen sie erbauen, sie legten sich kostbare
Bücher-, Gemälde- und Kupferstichsammlungen an und hul¬
digten der damals herrschenden Mode. So wurde der Adel
zu einer nicht zu unterschätzenden Quelle des Wohlstandes
für Handel und Gewerbe.5)
Ein Ausländer, der in den achtziger Jahren die kurfürst¬
liche Residenzstadt besuchte, machte über den Mainzer Adel,
seinen Reichtum Und seine Einkünfte folgende interessante und
aufschlussreiche Ausführungen: „Nach Wien giebt es wenig
Städte in Deutschland, wo ein so zahlreicher und mächtiger
Adel versammelt ist, als hier. Es sind einige Häuser, die gegen
100 000 Gülden Einkünfte haben. Die Grafen von Bassenheim,
3) Daei: Bevölkerungsverhältnisse S. 6.
b Bockenheimer: Das öffentliche Leben in Mainz am Ende des
18. Jahrhunderts S. 9 ff. Daei: Bevölkerungsverhältnisse S. 6.
b Bockenheimer: Das öffentliche Leben in Mainz S. 11 f.