DRITTER ABSCHNITT
DIE OBERSTEN LOGISCHEN GRUNDSÄTZE
In der überlieferten Logik werden als oberste logische Grundsätze, die zu¬
weilen auch »oberste Denkgesetze« genannt werden, im allgemeinen die
folgenden Sätze aufgeführt:
1. Der Satz von der Identität oder principium identitatis;
2. Der Satz vom Widerspruch oder principium contradictionis;
3. Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten oder principium exclusi tertii;
4. Der Satz vom zureichenden Grunde oder principium rationis suffi¬
cientis.
Nur die Namen dieser Sätze jedoch, nicht aber ihre Bedeutungen werden
von den verschiedenen Autoren in gleicher Weise angegeben. Höchstens die
beiden Sätze vom Widerspruch und vom ausgeschlossenen Dritten haben
eine einigermaßen übereinstimmende Deutung erfahren. Dagegen sind die
Sätze der Identität und des zureichenden Grundes in den verschiedenen logi¬
schen Werken von wesentlich verschiedenem Inhalt. Eine Reihe von Logikern
bezieht sie nämlich auf Begriffe oder auf Urteile, während andere sie als
Sätze über Gegenstände überhaupt oder als Sätze über das menschliche Den¬
ken und Erkennen betrachten. Und alle diese Sätze werden das eine Mal als
Gesetze in theoretischem Sinne, das andere Mal als Gesetze im Sinne von
Vorschriften für das Denken dargeboten. Dazu kommt, daß einige dieser
Sätze von Zeit zu Zeit gänzlich aus der Logik verbannt werden, entweder
weil sie wertlose, ja inhaltsleere Sätze seien, oder weil sie ihres außerlogischen
Sinnes wegen gar nicht in die Logik hineingehörten. Einzig der Satz vom
Widerspruch hat den Vorzug genossen, allgemein als ein echt logischer,
unverlierbarer und wertvoller Bestandteil der Logik zu gelten.
Aber selbst diejenigen Logiker, die alle jene vier Sätze als echt logische
Prinzipien anerkennen, sind doch weit davon entfernt, ihnen einen einheit¬
lichen Sinn zu geben. Vielmehr vereinigen sie unter dem Titel der obersten