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Einleitung
Dialektik tritt uns auch in der Gegenwart angesichts der Ver¬
suche einer Erneuerung der metaphysischen Spekulation entgegen.
Alle diese Bemühungen bekunden und bestätigen mit vollkommener
Deutlichkeit, sofern der wissenschaftliche Geist Platos in ihnen am
Werke ist, daß eine sachliche, über Stimmungsausbrüche erhabene
und aus dem Verständnis für die Sache erfolgende Grundlegung der
Metaphysik nur durch die Dialektik vollzogen werden kann. Das
Heil und die Aussichten der Renaissance der Metaphysik sind nicht
von dem so oft rühmend hervorgehobenen Wiedererwachen des
Interesses für die Philosophie abhängig — dieses Interesse ist eine
nur allzu fragwürdige Größe —, sondern sie sind bedingt durch den
Geist derjenigen Dialektik, die der philosophischen Systematik
innerlichst zugehört, da sie der Quellgrund ihrer Ideen und das
ständig formende Prinzip ihrer Erkenntnisse ist.
Ohne Zweifel machen sich als treibende Kräfte für die Wendung
zur Metaphysik auch subjektive Bedürfnisse, besonders in der Form
der Sehnsucht nach einer Überwindung des Bloß-Zeitlichen und
Relativen zugunsten der Herrschaft einer absolutistischen Sinn¬
tendenz, geltend. Ohne die Wirksamkeit subjektiver und gefühls¬
mäßiger Faktoren gelingt niemals die Bildung eines metaphysischen
Systems. Doch ist die Bedeutung dieser Momente nicht allzu hoch
zu veranschlagen, als wären sie die ausschlaggebenden Triebkräfte
und die allein ausreichenden Gesetzlichkeiten für eine solche Schöp¬
fung. Eine derartige Überschätzung der subjektiven Bedingungen
war zur Zeit des Vorwiegens jenes Positivismus eingetreten, der
von etwa 1850 bis zum Schluß des Jahrhunderts möglichst alle Ge¬
stalten der Kultur durch eine psychologische und psychologistische
Betrachtungsweise erklären und je nachdem anerkennen oder ab¬
lehnen zu können vermeinte.
Solange der Blick nur von der Seite des Subjektes aus auf die
Metaphysik gerichtet wird, und solange man lediglich vom Subjekt
ausgeht, ist weder ein adäquates Verständnis für ihr Wesen zu ge¬
winnen, noch ein objektives System der Metaphysik zu erzeugen.
Die Leistungen solcher Art sind ganz und gar von der Aufstellung
und von der systematischen Anwendung einer objektiven und
objektivierenden Bildungsgesetzlichkeit abhängig, in deren Kraft
die Metaphysik ihrer Möglichkeit nach a priori verankert ist. —
Ist diese Bildungsgesetzlichkeit nun eine andere und kann sie
eine andere sein als diejenige, in der die Wirklichkeit des Lebens
sich autonom ausspricht? Fassen wir den Begriff der Meta¬