5. Das religiöse Motiv 151 mythischer Weise das Jenseits der Erscheinung an, das, wovon diese getragen, wodurch diese überhaupt erst möglich wird. Schon im Akt der Frage vollzieht sich unter der Einwirkung jener Motive die Hypostasierung der Idee des Jenseits zur Wirklichkeit der¬ selben. Die kausale Macht der Erscheinungszusammenhänge schmilzt, sie wird vergeistigt und idealisiert durch ihre Geborgenheit in einer ewigen Macht. Vom Standpunkt des wissenschaftlichen Positivismus aus hat die Erscheinung sich selbst mit ihrem Recht belehnt, ist sie nur durch ihresgleichen bestimmt, nur von ihres¬ gleichen abhängig. Mit der entschiedensten und berechtigsten, ja mit unabweisbar notwendiger Vorsicht vermeidet es die positive Wissenschaft, für die Entstehung und die Auswirkung des Er¬ fahrungsbereiches eine Gesetzlichkeit anzuerkennen oder auch nur nach einer Gesetzlichkeit zu fragen, die nicht ausschließlich für die diesseitige Welt gültig und zuständig wäre, die einen anderen Wert hätte als den, das erfahrungsmäßige Zustandekommen und den erfahrungsmäßigen Verlauf der Erscheinungen zu ermöglichen und sicherzustellen. In demselben Augenblicke jedoch, in dem die metaphysische Fragestellung einsetzt, vollzieht sich bereits in ihr und durch sie noch vor der Erteilung irgendeiner Antwort der denkbar stärkste Wandel in und mit dem Begriff der Erscheinungen! Die Ketten, von denen die Erscheinungen gehalten werden, jene positiv-kausalen Gesetzeszusammenhänge werden nicht etwa gesprengt. Am Er¬ fahrungsbestand und an seiner Gesetzlichkeit wird schlechterdings nichts geändert. Nur wird von der anderen Welt aus, in der der metaphysische Geist heimisch ist, das Ganze jener Erfahrungs¬ wirklichkeit aus dem Rahmen seiner Endgültigkeit hinausgeschoben und, um kantisch zu sprechen, auf die „Totalität seiner Bedingungen“ übertragen. Dadurch erfolgt keine Schädigung seiner Gegenständ¬ lichkeit. Nur wird es sozusagen durchsichtig gemacht, indem jetzt die Erkenntnis entsteht, daß seine Stützen transzendente Siche¬ rungen und ideelle Werte sind. Diese Umbildung ist, was wir besonders anmerken wollen, nicht auf das Reich der Naturerscheinungen beschlossen. Zwar pflegt die metaphysische Interpretation der Wirklichkeit sich gern auf das Reich der Natur zu beziehen, wie denn die Naturphilosophie seit alters her ein Hauptkapitel und einen Lieblingsgegenstand der traditionellen Metaphysik bildet. Ist aber die metaphysische Deutung des seelischen Lebens und damit die metaphysi-