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liehen Schönheit (z. B. an S. Petronio in Bologna) und zugleich zu
einer Heimatstätte für Skulptur und Malerei.
Auch an kleineren dekorativen Bauten, Grabmälern, Altären, Kan¬
zeln, darf in Italien das Architektonische sich nicht so einseitig geltend
machen und das Bildliche auf einen Notteil beschränken wie im Norden.
§ 21
Der italienisch-gotische Profanbau
Dem gotischen Profanbau in Italien fehlt das liebliche phantastische
Formenspiel einiger nordischen Bauten.
Den Dachzieraten, Erkern, Wendeltreppen usw. deutscher und nie¬
derländischer Rathäuser und französischer Schlösser wird man kaum
hie und da etwas entgegenzustellen haben, wie etwa die Porta della
Carta am Dogenpalast von Venedig (1439 von Mastro Bartolommeo),
wo der im Verduften begriffene Stil seine volle Freiheit und weltliche
Munterkeit offenbart.
Dafür ist er auch frei von der partiellen Einschleppung kirchlicher For¬
men und steht im vollen Gegensatz zum Norden durch die rationelle An¬
lage. Am italienischen Palast entwickeln sich am frühesten aus und mit
der Regelmäßigkeit die Schönheit und Bequemlichkeit. Vgl. § 88.
Das 13. und 14. Jahrhundert bereits eine Zeit der herrlichsten Stadt¬
paläste (Piacenza 1281) mitten in den Parteifehden, und zugleich sehr
ansehnlicher fürstlicher und Privatpaläste. Schlösser Friedrichs II. in
Unteritalien; Palast in Orvieto.
Arnolfo empfand es schmerzlich, daß er den Signorenpalast in Flo¬
renz nicht so symmetrisch anlegen konnte wie das von seinem Vater
(richtiger: Kollegen) Lapo erbaute Schloß der Grafen von Poppi; Va-
sari I, p. 254, v. di Arnolfo.
In Florenz der äußere Charakter trotzig und burgartig; die Höhe
der Gemächer als leitendes Prinzip zugestanden von Acciajuoli (§9)
in betreff seiner eigenen Wohnung in der Certosa: »Die Gewölbe kön¬
nen nicht hoch und räumig genug sein, denn eins der herrlichsten
Dinge im Bauwesen ist die Höhe der Stockwerke«.
In dem vor Überfall und Bürgerzwist gesicherten Venedig die ersten
Häuserfassaden im höhern Sinn, mit wohlgefälliger Abstufung der
Stockwerke und schöner Gruppierung der hohen Rosettenfenster, in
der Mitte als zweite Loggia, auf den Flanken einzeln oder zu zweien.
(Daß in den Loggien eine Säule statt eines Intervalls auf die Mitte
kommt, wird dann noch spät in der Renaissance von Daniele Barbaro,
ad Vitruv. IV, 2, als vulgaris error getadelt.) Vgl. § 42, 43, 94.
Das Kastell der Visconti zu Pavia, begonnen 1360 (§ 5), nie voll¬
endet und übel entstellt, eine völlig symmetrische Anlage von gleich-