ander und nach allen Richtungen zerstreut waren, ohne daß sich
ein System in ihrer Verteilung erkennen ließ?
Die Wissenschaft lieferte ihm die Mittel dazu. Sie lehrte ihn die
Kunst, die Dinge wegzunehmen und sich anzueignen. Ich kenne
dich, folglich besitze ich dich, sagt er dann zu dem Ding, das sein
Eigentum geworden ist. Mein Besitztitel ist die Kenntnis, die ich
über dich erworben habe. Wer bist Du? Offen gestanden, weiß
ich nichts darüber; übrigens ist cs auch nicht weiter wichtig, da
du jetzt mein Ding bist, das Ding meines Verständnisses. Du bist
von jetzt an Teil meines intellektuellen Erbes. Du bist eingereiht,
als eine Erwerbung meiner Wissenschaft, als ein Teil jener gewal¬
tigen Domäne, in der ich dir deinen Platz zugewiesen habe. Du
hast keine eigene Existenz mehr; du gehörst mir, dem menschlichen
Verständnis, der Wissenschaft; du bist eine Errungenschaft unter
anderen Errungenschaften. Man kennt den Zeitpunkt deines Er¬
werbs; man kann auf die Rechtstitel zurückgehen, die den Besitz
beweisen, wie sie uns die Geschichte bewahrt, die für uns Anfänge
und Fortschritte der Wissenschaften nachzeichnet.
Es ist also ein ganz natürlicher Wunsch, wenn man ein Inventar
seiner Besitztümer aufstellen, ein Verzeichnis dessen, was man hat,
anfertigen will. Wir brauchen deshalb eine Enzyklopädie, die die
aufeinanderfolgenden Erwerbungen der Menschheit registriert und
die Inbesitznahme der Dinge bestätigt, welche uns eine Welt bietet,
die unbekannt geblieben ist und auf deren Kennenlernen man ver¬
zichtet. Begnügen wir uns bescheiden damit, Fakten zu sammeln,
um sie dann in enzyklopädischer Ordnung einzureihen. Ist das
einmal geschehen, so hat der Mensch an die Stelle einer Welt, die
er nicht kennt, etwas gesetzt, das er kennt und festhält, eine Ge¬
samtheit wissenschaftlicher Gegebenheiten, ordnungsgemäß kon¬
statierter und geordneter Fakten, in der er das Werk seines Ver¬
ständnisses wiederfindet.
Die Enzyklopädie wird den Besitz einer Welt legitimieren, die sich
dem Menschen entzieht, wenn sie außerhalb alles menschlichen
Tuns betrachtet wird. Die Insel, die er bewohnt, kennt der Enzy¬
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