54 „Naturwissenschaft“ und „Geisteswissenschaft“,
ihnen der Begriff des kausalen Gesetzes, also muß er
auch für seine per analogiam angenommene Grundlage,
also das Fremdseelische, gelten.
Und wenn ich nur „meine“, nur introspektive Psy¬
chologie, die allein „echte“ Psychologie, treibe, muß
ich da nicht geradezu kausalschematisch arbeiten, um
meine Erlebnis-ab folge zu verstehen im wahrhaft tiefen
Sinne dieses Wortes als „Ordnungserfassung“ ? Und
bewähren sich denn nicht meine für „mich“ gefundenen
Gesetze? Weiß ich nicht, daß mir „Einfälle“ bestimmter
Art sicherlich kommen, wenn ich mich an eine be¬
stimmte Aufgabe heranmache? Weiß ich nicht, daß ich
sicherlich gewisse bestimmte Erlebnisse haben werde,
wenn ich mich etwa hypnotisieren lasse oder „einschlafe“ ?
Auch wenn es gar keine Naturwissenschaft
im engeren Sinne des Wortes gäbe, müßte
ich psychologisch arbeiten mit dem kausalen
Gesetzesbegriff — (der natürlich nicht der „mecha¬
nische“ oder auch der bloß assoziative ist).
Naturwissenschaftlich (im weiteren Sinne) des Wor¬
tes arbeiten heißt eben nichts anderes als restlos
ordnungshaft arbeiten und bis ins letzte gehen.
Diese Methode, welche in Wahrheit über allen Gegen¬
standsgebieten steht, heißt „naturwissenschaftlich“,
weil eben die Naturwissenschaften im engeren Sinne sie
am besten ausgebildet haben; weil sie uns das sicherste
Wissen verschafft haben, welches wir im Reich des
Empirischen überhaupt besitzen.
„Naturwissenschaftlich“, im weitesten Sinne des
Wortes, bleibt man eben nicht halbwegs stecken, wie die
Phänomenologen es tun.
Nicht ist Naturwissenschaft ein „Standpunkt“ oder
„Weg“ neben anderen; sie ist der Weg, nämlich der-