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die Katze nichts mehr, auch ihre Augen leuchten
nicht.
Wir stellen also fest: Schwarz ist das Fehlen jeder
Farbe. Ist der Weltenraum schwarz? Die Welt=
raumfahrer bestätigen uns, daß mit steigender
Höhe der Himmel immer schwärzer wird. Man
meint, dies sei ganz unmöglich, weil doch das Licht
der Sonne ständig den Raum durchsetzt. Es müsse
im Gegenteil überall im Weltraum hell sein, so=
lange kein Schatten vorhanden ist. Nun, auch der
Kinosaal ist dunkel, trotzdem das Licht hindurch 3
geht. Nur die Leinwand ist hell, weil dort das
Licht auftxiffi und zurückgeworfen wird. Die Licht=
strahlen selbst sind nicht sichtbar, solange sie nicht
irgendwo auftreffen. Wenn wir trotzdem das
Scheinwerferbündel zum Teil sehen, so nur des=
halb, weil die Luft Staubteilchen enthält, Rauch,
Dunst, winzige Schwebeteilchen, die das Licht zu=
rückwerfen. Im luftleeren Raum bleiben die Licht»
strahlen unsichtbar. Fällt Licht auf eine absolut
schwarze Fläche, so wird von dieser das gesamte
Licht aufgesaugt (absorbiert), kein Strahl wird zu=
rüdegeworfen, und die schwarze Fläche wird uns
nur kund und nur „negativ" sichtbar, weil sie in
eine nicht-schwarze Umgebung eingebettet ist, die
rundherum das „Lichtloch" erkennen läßt (Abbil
dungen 1 und 2).
„Der Schatten und das Strahlende". Auch der Film
hat gelegentlich in phantastischen Szenen Tricks
zur Unsichtbarkeit gezeigt: z. B. ein Fahrrad, des
sen Fahrer unsichtbar ist, fährt völlig selbständig
durch die Straßen, man sieht Autos, die ohne Füh
rer dahinsausen.. „Der Unsichtbare" (Harry Piel)
braucht kein Geld, er kann sich jede Ware unmit
telbar nehmen, er kann alles hören, alles belau
schen, überall hinreisen, Gutes und Böses tun. Wer
sich unsichtbar machen kann, könnte zum Herrn
der Welt werden. Was Wunder, daß er an seinem
eigenen Größenwahnsinn schließlich zugrunde
geht.
Also vollkommen durchsichtig ist gleichbe
deutend mit unsichtbar, alles Licht geht durch
den Körper hindurch. Vollkommen schwarz ist
gleichbleibend mit negativer Sichtbarkeit, d. h.
das Schwarze wird durch die Umgebung erst sicht
bar, alles Licht wird aufgesogen, der Körper wirft
daher einen Schatten.
Wird das Schwarze aufgehellt, so kommen wir zum
Grau. Dabei ist zunächst noch nicht die Rede von
Farbe. Das Aufhellen erfolgt durch Weiß. Für
Goethe waren Schwarz und Weiß die Ausgangs
punkte seiner Farbenlehre: „Die Finsternis und das
Licht." Weiß ist die Farbe des Lichts. Sofort aber
müssen wir fragen: Was für Licht? Für Goethe kam
Abb. 1 u. 2: Absolutes Schwarz eines finsteren Loches (links), ein schwarzer Körper, der die Lichtstrahlen verschluckt (rechts)
In diesem Zusammenhang sei das Problem der Un
sichtbarkeit gestreift. Unsichtbar muß uns ein Ge
genstand bleiben, der das auf ihn fallende Licht
vollkommen hindurchläßt. Eine ideale Glasscheibe
ohne den geringsten Fehler ist vollkommen durch
sichtig. Würden wir nicht ihre Ränder sehen und
sie aus Erfahrungen kennen, so ginge es uns nicht
anders als den Insekten: Wir würden uns den Kopf
an ihr einrennen. Ein unsichtbarer Körper wirft
keinen Schatten. Viele hübsche Märchen und phan
tastische Romane beschäftigen sich mit dem Un
sichtbaren, H. G. Wells: „Der Unsichtbare", Jules
Verne: „Wilhelm Storitz Geheimnis", Jack London:
nur natürliches Licht, das Sonnenlicht, in Frage,
denn damals lag die künstliche Beleuchtung noch
arg im „Trüben". Heutzutage aber scheint es be
rechtigt, die Farbe auch der künstlichen Lichtquel
len zu studieren. Nicht zuletzt wurde bei den Atom
bombenexplosionen Licht entwickelt, heller als
Sonnenlicht, wie uns Beobachter erzählen:
„Die Lichteffekte spotteten der Beschreibung. Das
ganze Land war erhellt von einem versengenden
Licht, dessen Stärke viele Male größer war als die
der Mittagssonne. Es leuchtete in goldenen, pur
purnen, violetten, grauen und blauen Farben. Es
erhellte jeden Gipfel, jede Spalte und jeden Fels