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Das Pulver im Saarbergbau
Von Hans Bläs
Die erste nachweisbare Nachricht über die Anwendung des Schießpulvers zu bergmännischen
Arbeiten stammt aus dem Jahre 1627. Damals führte der Tiroler Bergmann Kaspar Weindl in
einem Bergwerk in Ungarn die erste Sprengung aus. Die Schießarbeit zur Hereingewinnung der
Kohle und des Gesteins fand im saarländischen Steinkohlenbergbau verhältnismäßig spät
Eingang. Das mag einmal an der Struktur der Kohle gelegen haben, nämlich an dem hohen
Prozentgehalt an flüchtigen Bestandteilen, zum andern an einem besonders großen Mißtrauen,
das die Leute der Sprengarbeit entgegenbrachten, bedingt durch die Gefährlichkeit des Schießens
in gasreicher Kohle. Hierbei ist zu bedenken, daß die Sprengstoffe, die als brisante Sprenge
Stoffe bekannt wurden, erst gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aufkamen und bei ständiger
Verbesserung dann die sogenannten Sicherheitssprengstoffe entwickelt wurden, die heute unter
dem Namen Wettersprengstoffe aus dem Bergbau nicht mehr wegzudenken sind. In den An*
fängen der Sprengarbeit kannte man nur Pulver als Sprengstoff. Zweck dieser Abhandlung
ist es nun, einen Blick in die Zeit zu werfen, in der im Saarbergbau noch mit Pulver umge*
gangen und geschossen wurde.
in genaues Datum über die Einführung des
Pulvers im saarländischen Bergbau ist nicht zu er=
mittein. Jedoch wurde nach einem Befahrungsbe=
rieht des damaligen kurpfälzischen Bergrates Ja*
koby im Jahre 1778 noch keine 5chießarbeit unter
Tage angewandt. „Ich habe bei einigen hiesigen
Bergleuten eine besondere Furcht vor dem ganz
derben und festen Gestein bemerkt, weil sie glau*
ben, es müßte alles mit der Keilhauen gewonnen
werden. Der große Vortheil, der hierbei durchs
Schießen kann erhalten werden, ist ihnen unbe=
kannt. Man findet aber doch einige Kohlenarbeiter
von fremden Bergwerken, die damit umzugehen
wissen." So liest man in den „Mineralogischen
Briefen" 1779.
Bald darauf aber mußte die Sprengarbeit einge=
führt worden sein; denn in einer „Instruction" vom
Jahre 1787, in der ein Steiger Schultz zu Schwalbach
verpflichtet wurde, heißt es unter anderem: .
Alles zum Bergbau gehörige Gezäh und Materia*
lien, wie sie dermalen bei denen ihm anvertrauten
Gruben vorhanden sind, oder angeschaft werden,
als Holz, Bretter, Pulver, Oel, Stahl, Eissen,
Pompen Zeug, Fäustel, Setzeissen, Bohrer, Schies
Gezäh, Keulhauen, tannen Kiebel, Seile, Haspel,
Laufkarren, Hunde, Gestänge, und wie sie Namen
haben mögen, soll er in das Inventarium ordentlich
und solchergestalt eintragen, daß er mit jedem
Jahresschluß in der Berg Kassen Rechnung richtig
angemerkt werden kann ..." Da hier also Pulver
und Schießgezähe angeführt werden, war mittler*
weile die Schießarbeit auch in Anwendung gekom*
men.
Unter den Fürsten von Nassau=Saarbrücken und
danach unter der französischen Verwaltung war
die Beschaffung der Betriebsmaterialien den Schicht*
meistern der einzelnen Gruben überlassen. Bei die*
ser Maßnahme blieb es auch nach dem zweiten
Pariser Frieden. In zwei Befahrungsprotokollen
vom Juli und August 1816 wird festgestellt, daß
die Materialien schlecht und teuer seien: „das Pulver
sei fast um Vs theurer wie dasjenige in den öst*
liehen Revieren . . {Preußens, d. Verf.) Man sucht
nun nach Mitteln, diese Materialien, deren Kosten
die Bergleute zum großen Teile selbst tragen muß*
ten, billiger zu beschaffen. So kam es zu der zentra*
len Einkaufs* und Bevorratungsstelle, der Bergfak*
torei Kohlwaage.
Ursprünglich eine Art von Zollstätte für den Stein*
kohlenabsatz auf dem Wasserwege bildend, dann
zu einer Kohlenniederlage erweitert, fiel dieser
Faktorei ab 1822 die Aufgabe zu, die Betriebsma*
terialien für die Saarbrücker Gruben {Staatsgruben)
zu beschaffen. Dazu gehörte auch das Pulver, ob*
wohl die Kosten dafür, ebenso für das Schieß*
gezähe, von jedem Bergmann selbst aufgebracht
werden mußten.