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Das Eigenheim des Saarbergmanns
Von Heinrich Hetzler und Herbert Schäfer
^^und 120 Jahre sind es her, daß die Verwaltung
der Saargruben zum ersten Male den Gedanken
einer Eigenheimförderung aufgriff. Sie verwirk=
lichte ihn damals, indem sie bauwilligen Bergleu*
ten Bauzuschüsse in Form von Prämien und zu
vier Prozent verzinsliche Darlehen gewährte.
Die finanziellen Mittel, die dem Bergmann auf
diese Weise zum Bauen zur Verfügung gestellt
wurden, reichten zwar nur zu einem Häuschen, das
in seiner äußeren und inneren Gestaltung an=
spruchslos war. In ihrer Einfachheit entsprachen
die Häuser aber doch dem Wohnstandard, wie er
damals bei breiten Schichten der Bevölkerung ge=
geben war. Daß selbst die damalige Grubenver»
waltung ihre Werkswohnungen in gleicher Weise
gestaltet hatte, kann wohl als Beweis dafür ange=
sehen werden, daß der gebotene Wohnkomfort im
allgemeinen den damaligen Anforderungen ge=
nügte. Unter dem Blickwinkel der finanziellen Be=
lastung gesehen, galt solch ein Wohnhaus, das
man damals schlechthin als „Arbeiter=Häuschen"
bezeichnete, gerade noch als tragbar für den
Durchschnittsbergmann.
Die Häuser, meist eineinhalb Stockwerke hoch
und ohne Dachaufbauten, zeigten fast durchweg
eine quadratische Grundrißform (Abbildung 1).
Die ganze Fläche wurde, da sehr begrenzt, ganz zu
Wohnzwecken aufgeteilt. Der Hauseingang führte
unmittelbar in die Küche. In der Küche selbst war
eine Steiltreppe — im Volksmund als „Hühner=
leiter" bezeichnet — eingebaut, die in den oberen
Stock zu den Dachkammern führte.
Die Küche war infolge dieser Einschränkung we=
der als Wohnküche noch als Arbeitsküche (Koch=
küche) anzusprechen. Auf jeden Fall bildete sie
keine ideale Arbeitsstätte für die Hausfrau. Wenn
wir uns die Grundrißzeichnungen dieser Haus=
typen weiter ansehen, so finden wir im Erdgeschoß
neben einer Stube ein oder zwei Kammern.
Die Kammern waren zugunsten der Wohnstube
flächenmäßig sehr klein gehalten, hatten außerdem
den Nachteil, daß sie nur Zugang von der Stube
oder von der Küche aus hatten. Für sanitäre An=
lagen war innerhalb des Hauses kein Platz. Der
Abort stand meist isoliert als „Häuschen" im Hof
oder Hausgarten. Badegelegenheit gab es nur in
der Waschküche, sofern eine solche im Kellerge=
schoß eingerichtet war.
Die Entwicklung der bergmännischen Wohnge=
wohnheiten wie auch die der übrigen Bevölkerung
war im vorigen Jahrhundert eine viel langsamere
und stetigere als heute. Die Bauweise blieb über
Jahrzehnte hinaus fast unverändert.
Abb. 1: Zwei Grundrisse von Bergmannswohnungen, wie sie
sich den Vorerltern in der Zeit vor etwa hundert Jahren boten