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Von Dr.-Ing. Kh. Helm
D er moderne Wohn- und Lebensstil ist vor
allem gekennzeichnet durch zeitsparende Automati
sierung täglich wiederkehrender Arbeitsvorgänge
mit dem Ziel des erhöhten Komforts. Dabei werden
in den letzten Jahren oft geistige Anleihen im Aus
lande gemacht, deren Ursprung auf Lebensgewohn
heiten und Naturschätze zurückzuführen ist, die für
das jeweilige Land durchaus Gültigkeit haben, als
Plagiat jedoch tiefgreifende Änderungen in der
eigenen Volkswirtschaft bewirken können.
Die von den USA geprägten Begriffe des „Marke
ting“ und des „Sales Promotion“ kennzeichnen die
moderne Art, Bedarf zu wecken, indem man den
zukünftigen Käufer auf die „Modernität“ und den
sich daraus ergebenden Komfort über alle Wege
der modernen Werbung in Presse, Funk, Film und
Fernsehen fortwährend und eindringlich hinweist.
Nachdem die amerikanische Industrie auch im Ge
biet des Gemeinsamen Marktes mehr und mehr
Fuß gefaßt hat, macht sich ihre langjährig erprobte
und mit großen finanziellen Mitteln unterstützte
Public-Relations-Arbeit bereits nachdrücklich be
merkbar. Das intensive Eindringen des Erdöls und
insbesondere des Heizöls auf dem europäischen
Markt wird durch mehrere Faktoren veranlaßt bzw.
begünstigt. Die erheblichen Erdgasvorkommen in
den Vereinigten Staaten haben dort das Heizöl
von einem lange Zeit fast monopolartig beherrsch
ten Markt weitgehend verdrängt. Auf der anderen
Seite waren die weltpolitischen Spannungen nach
1945 der Anlaß zu vermehrter Aufschlußtätigkeit in
allen Erdölländern, besonders in Venezuela und im
Mittleren Osten. Neuerdings kommt Lybien, wo die
Esso mit einer Bohrung fündig geworden ist, die
als derzeit ergiebigste Ölquelle der Welt gilt, als
potenter Erdöllieferant hinzu. Das Sahara-Öl weist
hauptsächlich leichte Bestandteile auf, die es für
die Heizölerzeugung wenig geeignet erscheinen
lassen, und kann daher im Rahmen dieser Betrach
tung außer acht gelassen werden. Da der soge
nannte Golfpreis, d. h. der Preis für Erdöl aus
amerikanischen Quellen, den Weltmarktpreis für
Erdöl bestimmt, ist die Förderung in den außer
amerikanischen Ländern ein im höchsten Maße
lukratives Geschäft, da hier natürlich die gesamten
Förderkosten wesentlich niedriger als in den Ver
einigten Staaten selbst liegen. Der Mittlere Osten,
der im unmittelbaren Spannungsfeld der beiden
Machtblöcke liegt, zwingt die interessierten Ölge
sellschaften auf Grund dieser politischen Unsicher
heitsfaktoren zur höchstmöglichen Ausnützung aller
Förderkapazitäten. Die in der Größenordnung von
Milliarden Dollar liegenden Investitionen müssen
besonders dort optimal genutzt werden, um in einer
vielleicht nur noch begrenzten Zeit so gut wie mög
lich amortisiert zu werden.
Es ist also gewissermaßen eine Zwangslage, aus
der sich für die Weltölindustrie die Notwendigkeit
ergibt, neue Märkte zu erschließen. Die hohe Indu
strialisierung und der erhebliche Energiebedarf der
Industrieländer Westeuropas boten hierfür die beste
Möglichkeit. Dies gilt in besonderem Maße für die