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nes Gefühl, das wie ein himmlischer Ton in silber=
ner Saite in seinem vom Dienst verhärteten Her=
zen unter dem festen Tuch der Dienstjacke schlum=
merte, brach in ihm auf. Er dachte daran, wie er
als Dreizehnjähriger am Dreikönigstag als Stern»
bub durchs Dorf gezogen war, singend und heim»
lieh mit den Münzen klimpernd, die ihn sein hohes
Amt eingebracht hatte. Es war eine frohe Zeit
gewesen, voll Glück und Glanz, und es war, als
strahle sie noch heute einen goldenen Schimmer in
diese Nacht. So etwas wie Sehnsucht brach in ihm
auf nach jenen Tagen der unbeschwerten Kindheit,
da noch kein starres Beamtengewissen seine wei»
chen menschlichen Gefühle eingepreßt hatte. Er
seufzte und ließ den Blick verloren durch den
glitzernden Wald schweifen. Soeben stieg der
Mond hinter den Einsiedler=Köpfen herauf und
warf sein silbernes Licht über Bäume, Büsche und
Pfade, daß sie wie verzaubert aussahen in ihrer
weißen Pracht. Die Dreikönigsnacht!
Der Grenzwächter Philipp begann mit offenen
Augen zu träumen, und wie aus weiter Ferne, ge»
spenstig fast anmutend, vernahm er plötzlich ein
Flüstern, ein geheimnisvolles Knacken von Ästen,
ein gedämpftes Schreiten und Klirren, aber ihn
dünkte, es müsse so sein, und es gehöre zu den
heimlichen Wundern der Dreikönigsnacht. Aber
was war das? Schien sie sich ihm wirklich offen»
baren zu wollen mit all ihrem Zauber? Oder narr»
ten ihn seine Sinne? Schritten dort nicht drei
Männer, in weiße Gewänder gehüllt, hohe Mützen
auf den gesenkten Häuptern, mit Stäben bewehrt.
Und trug nicht der vordere einen Stern, der wun»
dersam im Mondlicht flimmerte? Die Heiligen Drei
Könige!
Der vordere, der Sternträger, hatte ihn erspäht, so
schien ihm. Da plötzlich hub ein Singen an, das
seltsam feierlich ins weiße Dämmer klang. Die
Männer sangen das Dreikönigslied. Der Zöllner
strich sich über die Stirne, als wolle er einen Traum
fortscheuchen. „Die drei Heiligen" bogen seitlich
in einen schmalen Pfad ein. Er ließ sie ziehen,
trotz der prall gefüllten Taschen ihrer weißen
Mäntel. Es war ja Dreikönigstag. Als hätte er die
seltsamen Wanderer nicht gesehen, schritt er lang»
sam den Pfad zurück, und ihm war just, als habe
er heute sein Sternbubenglück zurückgewonnen,
und als wäre er gar wieder ein Sternträger wie vor
dreißig Jahren.
Indes wartete Marie mit dem Kind auf ihren Franz
in der warmen Stube bei der Großmutter auf dem
Eichelscheiderhof. Sie war bald rot, bald bleich im
Gesicht, und ihr Herz, das törichte Ding, schwankte
immerfort zwischen Zweifel und Hoffnung. Das
Kind auf dem Schoße, saß sie am Fenster und
horchte hinaus. Tritte knirschten ab und zu im
Schnee und verhallten leise in der Nacht. Ein sanf»
ter Wind harfte in den Bäumen vor dem Haus.
Sonst hörte man nichts. Das Kind auf ihrem
Schoß schlief den sorglos leichten Säuglingsschlaf.
Maries Augen lasen in dem putzigen Gesichtchen,
und ihr schien, es stehe viel darin von Franz ge»
schrieben.
Sie fand, daß es ein hübsches Kind sei, an dem
Franz seine helle Freude haben würde. Sie fuhr
zusammen, als jetzt acht metallene Schläge der
alten Wanduhr in die Stille der Stube fielen. Marie
war, als zerschlügen sie ihr alle Hoffnung. Die
Großmutter, eine alte Frau mit weichen Gesichts
zügen, trat herein. „Es ist jetzt acht Uhr, Marie. Ich
denke, wir essen jetzt, meinte sie. Es hat keinen
Sinn, daß wir länger warten. Sie kommen jetzt
nicht mehr." Ihre Worte fielen wie Hammerschläge
in Maries Herz, das Franz entgegenbangte. Schwei»
gend stand sie auf und legte das Kind ins Bettchen,
das eigentlich ein alter, geräumiger Waschkorb
war.
Da! Auf einmal stampften draußen schwere Schritte
im Schnee. Jetzt tappten sie bedächtig die Treppe
herauf, ein mehrstimmiges Lachen erscholl im Flur.
Die Türe ging auf und herein schritten drei Män»
ner in weißen Kutten, hohe Mützen auf den Häup»
tern, mit Stäben bewehrt. Voran schritt Caspar,
der Mohrenkönig und Sternträger, der aber in
Wirklichkeit Franz hieß, dann folgten Melchior
und Balthasar. Sie boten einen feierlichen Gruß
durch tiefes Neigen der Häupter.
Was jetzt geschah, spielte sich ein wenig anders
ab als in der heiligen Geschichte. Caspar warf den
Stab auf den Tisch, zerrte die Kutte vom Leib, riß
das Kind aus der Wiege und herzte und küßte es
derart, daß es aufwachte und fürchterlich zu
schreien anfing. Erschrocken legte er es der hinzu
eilenden Großmutter, die etwas von tappigem
Männervolk brummte, in die Arme, riß Marie ans
Herz, Küsse auf ihren roten Mund pressend.
Dann wieder geschah es, ähnlich wie in der heili
gen Geschichte. Die „Heiligen Drei Könige" öffne
ten Taschen und Säcke, aber nicht Gold, Weih
rauch und Myrrhen brachten sie dar, sondern
allerlei gute und köstliche Dinge, wie es sie damals
schon gab im viel gepiesenen „Paradies" an der
Saar, und die im Pfälzischen einen fast sagenhaf
ten Klang hatten, als da sind Schokolade, Pralinen,
Gebäck, Kaffee, Tee, Seife, Parfüm, Wäsche, ja
selbst pralle fette Würste und auch allerlei Spiel
zeug.
Da war große Freude im Haus. Und nun hub ein
Fragen und Erzählen an, und nachdem die Heili
gen sich gewärmt und genügsam gestärkt hatten,
zogen sie nach Mitternacht wieder zurück in ihr
Land.